Großgörschen
,
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, [* 2] südlich von Lützen, [* 3] mit 500 Einw.; berühmt durch die Schlacht vom auch Schlacht bei Lützen genannt, den ersten Zusammenstoß der vereinigten russisch-preußischen Streitkräfte mit Napoleon I. im deutschen Befreiungskrieg (s. d.). Die Verbündeten waren auf ihrem Vormarsch in das Innere Deutschlands [* 4] erst in Leipzig [* 5] angelangt, als sie von dem unerwartet raschen Anmarsch Napoleons über Naumburg [* 6] und Weißenfels [* 7] Kunde erhielten.
Napoleon, der 125,000 Mann, allerdings meist ganz junge Truppen, mit nur 250 Geschützen und 5000 Reitern zur Verfügung hatte, war im Marsch von Naumburg nach Halle [* 8] und Leipzig; Ney hatte am Abend des 1. Mai das festungsartige Viereck [* 9] im Süden der großen Straße besetzt, welches von den Dörfern Groß- und Kleingörschen, Rahna und Kaja gebildet wird. Die Verbündeten, 40,000 Mann Preußen, [* 10] 50,000 Russen, zusammen 90,000 Mann mit 25,000 Reitern und 520 Geschützen, unter dem Oberbefehl des russischen Generals Wittgenstein, beschlossen, in der Nacht schleunigst die Elster [* 11] zu überschreiten, am frühen Morgen des 2. Mai die französische Stellung bei Lützen anzugreifen, sie zu durchbrechen und die getrennten Korps einzeln zu schlagen, schließlich mit ihrer zahlreichen Reiterei gänzlich aufzureiben.
Aber infolge verkehrter Anordnungen Wittgensteins wurde der Aufmarsch, statt um 6 Uhr [* 12] früh, erst um Mittag vollendet. Da Wittgenstein die Stärke [* 13] des Feindes in jenem Viereck unterschätzte, ließ er die Fronte desselben angreifen und auch nur mit vereinzelten Kräften. Mit stürmischer Tapferkeit eroberten die Preußen Groß- und Kleingörschen sowie Rahna und behaupteten die Dörfer in blutigem Ringen Mann an Mann mit Bajonett und blanker Waffe; aber sie wurden weder durch die russischen Reserven noch durch ein Eingreifen der zahlreichen Reiterei gegen die feindliche Flanke unterstützt, während Napoleon auf den Kanonendonner hin mit verhängtem Zügel nach dem Schlachtfeld eilte und alle seine Korps sofort dahin dirigierte.
Eben hatten die Preußen auch Kaja erstürmt, als Napoleon erschien. Mit furchtbarer Wut erneuerte sich der Kampf; Kaja wurde den Preußen entrissen, aber um 6 Uhr abends von den preußischen Garden wieder genommen. Doch jetzt waren französische Verstärkungen angelangt, und unterstützt von einer Batterie von 60 Geschützen, die bei Starsiedel auffuhr, wurde ein Angriff auf Kaja gemacht, der nicht bloß dieses Dorf, sondern auch Rahna und Kleingörschen in die Gewalt der Franzosen brachte.
Nur Großgörschen
blieb den
Preußen. Als die russische
Reserve sich endlich dem Kampfplatz näherte, brach die
Nacht
herein, welche der
Schlacht ein Ende machte.
Noch in der Dunkelheit versuchte
Blücher mit einem Teil der
Reiterei, die den ganzen
Tag nicht verwendet worden, einen
Angriff, der indes nur geringen
Schaden anrichtete. Infolge der ungeschickten Ausführung
des Schlachtplans und der mangelhaften Unterstützung von seiten der
Russen blieb die heroische
Tapferkeit
der
Preußen erfolglos. Am 3. Mai bewogen
Napoleons Überlegenheit an
Truppen sowie die Nachricht von der Besetzung
Leipzigs durch
Lauriston die Verbündeten, sich am andern
Tag nach
Pegau und von da bis in die feste
Stellung bei
Bautzen
[* 14] zurückzuziehen.
Der Verlust der Verbündeten betrug 10,000 Mann, darunter 2000 Russen; unter den Gefallenen war der Prinz Leopold von Hessen-Homburg, unter den tödlich Verwundeten Scharnhorst. Die Franzosen verloren 12,000 Mann, unter ihnen fünf Generale; Trophäen erbeuteten sie gar nicht, hatten aber dem Ausgang der Schlacht den Wiederbesitz Sachsens und der Elbe zu danken. Zum Andenken an die Schlacht ward auf einer Anhöhe beim Dorf ein Monument von Gußeisen in Pyramidenform errichtet. Auch dem Prinzen von Homburg [* 15] ist im Dorf ein Denkmal von Gußeisen gesetzt, zu dem in neuester Zeit ein andres zur Erinnerung an die Kämpfe von 1864, 1866 und 1870/71 gekommen ist.