in der
Botanik im weitesten
Sinn s. v. w.
Stengel
[* 2] (s. d.); im engern
Sinn derjenige Teil des
Stengels, welcher als
unmittelbare Fortsetzung der
Wurzel
[* 3] nach
oben sich vertikal erhebt und größern
Umfang besitzt als die in einer gewissen
Höhe
seitlich von ihm ausgehenden
Äste. In der
Sprachlehre ist S. der Teil des
Wortes, welcher nach
Ausscheidung
aller Beugungsformen übrigbleibt; z. B.
Haus in
Haus-es, ruf in ruf-en. Trennt man auch die Ableitungssilben ab, so erhält
man die
Wurzel, wie z. B. in er-wach-en »erwach«
der S., »wach« die
Wurzel ist. Häufig fällt indessen der S. mit der
Wurzel zusammen.
Ferner versteht man
unter S.
Menschen oder
Familien und
Geschlechter, welche ihre Abkunft von Einem Elternpaar (Stammeltern) in ununterbrochener
Reihe abzuleiten vermögen. Im Militärwesen heißt S. der Teil einer
Truppe, welcher bei der
Fahne bleibt, während die andern
in die
Heimat entlassen und durch
Rekruten ersetzt werden.
in der Botanik jedes Organ der höhern Pflanzen, das Blätter trägt oder doch die Fähigkeit besitzt,
an seinem fortwachsenden Scheitel, dem Vegetationspunkte, Blattorgane zu bilden. Im gewöhnlichen Leben bezeichnet man mit
dem Worte S. meist nur die dicken Hauptachsen der baumartigen Gewächse im Gegensatz zu den Zweigen und Ästen. Im botan.
Sinne gehören die letztern beiden natürlich gleichfalls unter den Begriff S., ebenso wie die im Boden
wachsenden Achsenorgane, die sog. Rhizome. Es ist in manchen Fällen schwer zu unterscheiden,
ob ein bestimmtes Organ als Blatt,
[* 4] S. oder Wurzel zu betrachten ist, da die äußere Form sowie der anatom. Bau keine ganz charakteristischen
Merkmale für die Unterscheidung dieser drei Kategorien abgeben. Doch kann man ähnlich wie beim Blatt (s. d.)
¶
mehr
aus den gegenseitigen Beziehungen sowie aus der Verzweigungsart eine bestimmte Entscheidung treffen. Alle Organe, die eine unbegrenzte
Neubildung von Zellen an ihrem Scheitel und somit auch ein unbegrenztes Längenwachstum besitzen (das Wort unbegrenzt ist
hier nicht im allgemeinen Sinne, sondern mit Rücksicht auf die jedem Pflanzenindividuum vorgezeichneten individuellen Grenzen
[* 6] zu verstehen) und ferner die Eigenschaft haben, in akropetaler Reihenfolge seitliche, in ihrem Wachstum
begrenzte Auszweigungen, Blätter, zu erzeugen, nennt man Stammorgane oder Stammachsen.
Außer den Blättern, entweder gleichfalls in akropetaler Folge oder auch in anderer Weise, können die Stammachsen wiederum
Stammachsen hervorbringen, die nun ihrerseits dieselbe Art der Verzweigung wiederholen. Man unterscheidet
hiernach zwischen Haupt- und Nebenachsen, oder Stammachsen erster, zweiter, dritter Ordnung u. s. w. Ferner können an den
StammachsenWurzeln hervorsprossen (s. Wurzel). An jedem Stammorgan können demnach drei verschiedene Verzweigungsformen, Blatt,
S. und Wurzel, sich vorfinden, während die Blätter überhaupt keine Verzweigungen und die Wurzeln wieder Wurzeln, niemals aber
Blätter und nur in sehr seltenen Fällen Stammorgane bilden.
An den jungen, fortwachsenden Scheiteln der S. stehen die Blätter meist dicht gedrängt, später werden sie häufig weit
auseinander gerückt (s. Blattstellung),
[* 7] indem die zwischen den einzelnen Blättern oder Blattquirlen liegenden Stammpartien,
die Internodien oder Stengelglieder, bedeutend in die Länge wachsen; man bezeichnet diesen Vorgang als
interkalares Wachstum. Die Partien, an denen die Blätter sitzen und die somit die Grenzen der einzelnen Internodien bilden,
nennt man die Knoten, sie treten in vielen Fällen sehr deutlich hervor, besonders bei Blättern mit scheidenartiger Basis,
z. B. an den Halmen der Gramineen.
[* 8] Wo die Blattbasis nur schmal ist und die Blätter ziemlich dicht stehen,
wie bei den Heidearten, sind die Knotenstellen äußerlich wenig deutlich gekennzeichnet.
Betreffs der Lebensweise und der Funktion der einzelnen Stammachsen herrschen die größten Verschiedenheiten. In den meisten
Fällen leben dieselben über dem Erdboden, stehen entweder aufrecht und ihre Verzweigungen in verschiedenen
Winkeln zur Lotrechten, oder kriechen mit ihrem ganzen Verzweigungssystem auf dem Boden hin, oder benutzen andere Gegenstände
als Stütze und klettern oder winden sich an denselben in die Höhe. In vielen andern Fällen vegetieren die Stammachsen im
Boden und sind hier meist dickfleischig, oder als Knollen,
[* 9] Zwiebelnu. dgl. entwickelt, wobei die Internodien
in der Regel nur geringe Längenausdehnung besitzen und die Blätter nur als Schuppen oft in sehr rudimentärer Form vorhanden
sind. Derartige Stammachsen nennt man Rhizome; sie lassen sich von den echten Wurzeln sofort durch das Auftreten von Blattorganen
oder Blattnarben unterscheiden.
In der Sprachwissenschaft heißt S. der Teil des Wortes, der übrigbleibt, wenn, man die Flexionsendungen, d. h. von einem
Namen die Deklinations-(Casus-) Endungen, von einem Verbum die Personalendungen abtrennt, z. B. im lat. lectus (gelesen)
= älterm lectos ist lecto- der S., -s die Nominativendung des Maskulinums, in est ist es- der S., -t das
Suffix der dritten Person des Singulars. Der S.
ist entweder gleich der Wurzel, z. B. es- in est, oder aus der Wurzel durch ein
Suffix (s. d.) gebildet, z. B. im S. lecto-
ist leg- die Wurzel (vgl. lego ich lese), -to- das Suffix des passiven Particips. Ist ein S. unmittelbar
aus der Wurzel abgeleitet, so heißt er primär, wird aus einem primären S. durch Hinzufügung weiterer Suffixe ein neuer
S. abgeleitet, so heißt dieser sekundär, z. B. lat. lectita-
(S. des Verbums lectitare wiederholt lesen), abgeleitet von lecto-. Gleichbedeutend mit S. wird Thema gebraucht. Die Lehre
[* 10] von
den S. und ihrer Bildung nennt man Stammbildungslehre (weniger richtig Wortbildungslehre). (S. Ableitung.)