Stationen, wissenschaftliche Anstalten zum
Studium der Meeresbewohner in lebendem Zustand, daher stets an der
Küste gelegen. Das erste derartige
Institut ist die von
AntonDohrn zu Anfang der 70er Jahre gegründete und noch geleitete
NeapolitanerStation. In ihr, die mit einem großen öffentlichen
Aquarium (s. d.) verbunden ist, sind
die Arbeitsplätze, ausgerüstet mit allen zur makro- und mikroskopischen Untersuchung erforderlichen Gerätschaften und
chemischen Reagenzien, an verschiedene europäische
Regierungen vermietet und werden von diesen auf
Monate oder Jahre mit Forschern
besetzt.
Letztern wird das von ihnen zumStudium gewünschte
Material
(Tiere und
Pflanzen) in lebendem Zustand gebracht;
in diesem können sie es auch durch geeignete Zirkulationsvorrichtungen erhalten und beobachten, es zu physiologischen
Versuchen
verwenden oder chemisch studieren etc. Die zoologischeStation zu
Neapel
[* 2] ist ferner mit einer Fachbibliothek von etwa 4000
Bänden
ausgestattet. Die
Fischerei
[* 3] und zugleich die systematische Durchforschung der
Fauna und
Flora des
Golfs wird
durch zwei kleine
Dampfer sowie durch einen
Taucherapparat besorgt. Außerdem liefert die zoologischeStation gut konservierte
Tiere und
Pflanzen. Auch gibt sie drei
Zeitschriften heraus:
»Fauna und
Flora des
Golfs von
Neapel«, »Mitteilungen aus der zoologischenStation« und »Zoologischer Jahresbericht«. -
In neuester Zeit sind noch mehrere in zoologische Stationen allen
Erdteilen gegründet worden.
Von europäischen ist unter diesen die bekannteste die französische von
Lacaze-Duthiers zu
Roscoff an der bretagnischen
Küste,
gleichfalls mit Staatsunterstützung und besonderer
Zeitschrift
(»Archives de
Zoologie expérimentale et générale«),
Stationen. Der immer mehr in die Augen springende Vorteil, welchen zoologische Stationen für das Studium der Biologie der
Wassertiere gewähren (weshalb die zoologischenStationen neuerdings auch vielfach als biologische Stationen bezeichnet werden),
führt ständig zu neuen Gründungen derartiger Anstalten, von welchen allen jedoch die zoologischeStation
zu Neapel auch heute noch den ersten Platz einnimmt, sowohl was die äußern Verhältnisse als auch die wissenschaftliche
Bedeutung anbelangt.
Vielfach verfolgt die GründungzoologischerStationen praktische Zwecke, indem die Anstalten dann dem Studium bestimmter, auf
das Fischereiwesen bezüglicher Fragen dienen; manche zoologische Stationen sind sogen. schwimmende
(fliegende, wandelnde) Stationen, indem sie abwechselnd an diesem oder jenem Punkte der Küste aufgeschlagen werden. Zu den
zoologischen Meeresstationen sind in letzter Zeit auch Stationen zur Erforschung der Tierwelt des äußern Wassers hinzugekommen
(zoologische Binnenstationen, biologische lakustrische Stationen). Wir geben im folgenden eine Übersicht über die zur Zeit
bestehenden zoologischenStationen, nach den einzelnen Meeren, an denen sie liegen, geordnet.
I. Meeresstationen. Das europäische Eismeer enthält nur in Solowetzks im WeißenMeere eine kleine, von der russischen Regierung
gegründete, wenig besuchte Station. Zahlreich sind die zoologischenStationen der Nordsee. Seit 1879 ist die Universität zu
Aberdeen
[* 11] im Besitz eines kleinen, durch freiwillige Beiträge aufgebrachten Stationsgebäudes, welches
nach Bedürfnis jedes Jahr versetzt wird. In St. Andrews in Schottland findet sich eine kleine, unter dem Fischereiverein von
Schottland stehende Station, die ebenso wie die ebenfalls nur kleine Station von Granton bei Edinburg
[* 12] ausschließlich Fischereizwecken
dient.
An der deutschen Küste der Nordsee besitzt der Deutsche
[* 13] Fischereiverein, Abteilung für Küsten- und Hochseefischerei,
eine im J. 1888 gegründete wandernde Station, deren wissenschaftliche Arbeiten den verschiedenen Gebieten der Fischerei zu
gute kommen sollen; sie wurde erstmals in Doitzum am Dollart zum Zwecke des Studiums der Nordseegarneele aufgeschlagen. Auch
Holland besitzt an seinen Küsten eine 1876 gegründete, ebenfalls Fischereizwecken dienende fliegende
Station, welche von der Dierkuundige Vereeniging, also lediglich aus privaten Mitteln, geschaffen wurde und erhalten wird.
Auf der englischen Seite des Kanals ist 1888 von der Marine Biological Association der vereinigten KönigreicheGroßbritanniens
in Plymouth eine zoologischeStation gegründet worden, die nächst der Station in Neapel die großartigste
von allen zu werden verspricht. Von den beiden Wasserbehältern, aus denen die Aquarien mit Seewasser gespeist werden, enthält
ein jeder 50,000 Gallons. Die Gesamtkosten des Baues, der Maschinerie und Ausrüstung betragen 250,000 Mk. Die Regierung liefert
einen jährlichen Zuschuß von 10,000 Mk. unter der Bedingung, daß neben rein wissenschaftlichen Forschungen
auch Untersuchungen über die Lebensgeschichte und Gewohnheiten der Nahrungsfische ausgeführt werden.
Am Atlantischen Ozean finden sich an dessen europäischer Seite ebenfalls französische Stationen. In Roscoff in der Bretagne
ist infolge der Bemühungen von ProfessorLacaze-Duthiers 1872 durch die Sorbonne zu Paris
[* 25] eine zoologische Station gegründet
worden, die heute zu einer der wichtigsten derartigen Anstalten geworden ist. In Sables d'Olonne befindet
sich ein Aquarium, und zu Concarneau an der Südküste der Bretagne eine schon 1859 infolge der Bemühungen von Coste von der
französischen Regierung gegründete Station; es ist diese Station das erste staatlich unterstützte derartige Unternehmen.
Der heutige Leiter ist Pouchet. Da Concarneau gerade im Mittelpunkt des von der Sardine aufgesuchten französischen
Küstengebietes liegt, so werden besonders auch Fragen der praktischen Fischerei zur Untersuchung herangezogen. Die Station
zu Arcachon unweit Bordeaux
[* 26] verdankt ihre Entstehung der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ersterer Stadt.
Die eignen Einnahmequellen sind in der Hauptsache das dem Besuch geöffnete Aquarium und der Verkauf der
von der Station herausgegebenen Schriften. Neben dem internationalen Charakter ist für die Station von Neapel ihre völlige Unabhängigkeit
von irgend einem andern wissenschaftlichen Institut bezeichnend. In Triest besitzt Österreich eine bedeutende zoologische Station,
die ebenfalls wie Neapel rein wissenschaftliche Zwecke verfolgt; sie ist abhängig von der Universität
in Wien.
[* 45] An der afrikanischen Küste des Mittelmeers
[* 46] findet sich eine kleine zoologische Station an der Spitze des Hafendammes
von Algier, die 1889 vollendet wurde und unter der Leitung von Professor Vignier steht.