Titel
Reichenberg.
[* 1]
Neira - Neisse

* 3
Neisse.
1) Bezirkshauptmannschaft, ohne die Stadt Reichenberg
, in
Böhmen,
[* 2] hat 314,10 qkm und (1890) 74297 (35978 männl., 38319 weibl.) meist
deutsche E. in 56 Gemeinden mit 79 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke
Kratzau und Reichenberg
– 2) Reichenberg
, czech.
Liberec, Stadt
mit eigenem
Statut, die drittgrößte Stadt
Böhmens, 12 km von der sächs. und 20 km von der preuß.
Grenze, an der
Görlitzer
Neisse,
[* 3] am Fuße des Jeschkenbergs und an den Linien Josephstadt-Reichenber
g-Seidenberg der
Südnorddeutschen Verbindungsbahn,
Reichenberg-Tannwald (24 km) der Reichenberg
-Gablonz-Tannwalder Eisenbahn und Reichenberg-Zittau (27 km) der Sächs.
Staatsbahnen,
[* 4] ist Sitz der Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts (144,83 qkm, 48809 E.),
Kreisgerichts,
Hauptzoll- und Hauptsteueramtes, königlich sächs.
Nebenzollamtes erster
Klasse, einer
Handels- und Gewerbekammer sowie des
Kommandos der 55. Infanteriebrigade, hat (1890) 30890 (15237 männl. und 15653 weibl.) meist
deutsche E., in Garnison 3
Bataillone des 36. böhm. Infanterieregiments «Reichsgraf
Browne», und das 12. Feldjägerbataillon. Reichenberg
besteht aus fünf Stadtteilen und
hat acht Plätze, ein
Denkmal
Kaiser
Josephs Ⅱ., eine schon 1360 genannte, 1884 umgebaute Stadtkirche, seit 1885 Erzdekanatkirche,
eine 1696 erbaute, 1753 erweiterte und 1892 renovierte Kreuzkirche mit Altarblatt von
Dürer, neue St. Vinzenz- und Paulkirche
(1887), schöne evang.
Kirche (1864‒68),
Synagoge (1889), gräfl.
Labitzky - Laboratoriu

* 5
Laboratorium.Gallassches Schloß, 1582 erbaut, 1850 erweitert, neues Rathaus (1892), großes Kreisgericht, Stadttheater (1882), Liebiegs Palais, ein nordböhm. Gewerbemuseum, eine Turnhalle, ein Genossenschaftshaus der Tuchmacher, das Rudolfversorgungshaus (1869), Armen- und Siechenhaus, Stephanshospital (1848 erbaut). Von Unterrichtsanstalten bestehen eine Staatsgewerbeschule mit chem. Laboratorium, [* 5] ein Staatsobergymnasium mit Unterrealschule (1837 als Realschule gestiftet), Fachschule für Weberei [* 6] (1852 errichtet), Lehrerbildungsanstalt, höhere Handels-, landwirtschaftliche Winter-, Knaben- und Mädchenbürgerschule und Fortbildungsschulen.
Die Reichenberger
Sparkasse ist 1854, die Gemeindesparkasse 1892, die Filiale der
k. und k. privilegierten Nationalbank in
Wien
[* 7] 1856, die Pfandleihanstalt
1868 und die Reichenberger
Bank 1872 gegründet. Letztere besteht seit 1888 als Filiale der
Böhmischen Unionbank (s.
Tafel:
Bankgebäude Ⅰ,
[* 1]
Fig. 2). Hauptgegenstand der
Industrie der Stadt und der
Umgebung (die Dörfer Rochlitz,
Katharinenberg, Proschwitz, Maffersdorf u. s. w.) ist Fabrikation von
Tuchen, Schafwollwaren,
Teppichen und Wollwaren.
Die Tucherzeugung war schon zu Anfang des 15. Jahrh. eingebürgert; 1605 wurde
die erste Färberei errichtet. Die Schafwollindustrie
hat sich sehr schnell gehoben, seit J. G.
Berger 1798
die erste Fabrik erbaute und 1806 die ersten
Maschinen
ausstellte, hauptsächlich aber durch die Errichtung der großartigen J. Liebiegschen Fabrik (1828). Reichenberg
liefert
jährlich
Tuch im Wert von mehrern Millionen Gulden. Der Handelskammerbezirk zählte (1890) 37 Streichgarnspinnereien (72174
Arbeiter), 57 Streichgarnwebereien, 47 Kammgarnspinnereien, 4 Teppichfabriken, 58
Baumwoll-, 29 Baumwollabfallspinnereien, 113 Baumwollwebereien, 24 Flachsspinnereien
und 20 Leinenzwirnereien.
Preußen

* 8
Preußen.
Ferner bestehen eine
Brauerei in Reichenberg
und eine Malzfabrik in Maffersdorf, sowie mehrere Krempelbelag- und Maschinenfabriken.
– Bei Reichenberg
erstürmten die
Preußen
[* 8] unter dem Prinzen von
Bevern das österr. Lager
[* 9] unter Königseck. –
Vgl. Herrmann,
Geschichte der Stadt Reichenberg
(Bd.
1, Reichenberg
1863);
Hallwich, Reichenberg
und Umgebung (2 Bde., ebd. 1872‒74);
Jarisch, Führer durch Reichenberg
und Umgebung (ebd. 1882);
Hübler, Führer durch Reichenberg und Umgebung (ebd. 1883).