Reisebesch
reibung,
die litterarische Darstellung der Beobachtungen u. Erlebnisse eines Reisenden. Solche Beschreibungen haben einen sehr verschiedenen Inhalt und Wert, je nach dem Zweck, zu welchem Reisen (s. d.) unternommen wurden. Die ältesten Werke dieser Art sind die von Skylax von Karyanda und von Pytheas von Massilia. Die beiden letzten haben ihre Reisen beschrieben, Skylax die seinige unter dem Titel: »Periplus«, eine Bezeichnung, die in der Folge für ähnliche Reisewerke oft angewandt wurde.
Romanzement - Römer

* 2
Römer.
Die Geschichtsbücher des Herodot, welche eine
Beschreibung seiner
Reisen enthalten, müssen gleichfalls hierher gerechnet
werden. Dagegen findet sich unter den
Schriften der
Römer,
[* 2] von denen doch viele große
Reisen machten, eine eigentliche
Reisebesch
reibung nicht, die
Itineraria (s. d.) derselben waren nur
Reiserouten oder erste
Versuche von Verkehrskarten. Die Reiselitteratur
des
Altertums war demnach eine sehr dürftige, und auch aus dem frühen
Mittelalter sind uns nur wenige und dazu sehr ungenügende
Werke dieser Art erhalten, so die
Berichte über die
Unternehmungen der Skandinavier nach den
Färöern,
nach
Island,
[* 3]
Grönland und Winland
(Nordamerika)
[* 4] und die auf Befehl des
Königs
Alfred unternommenen Expeditionen Othars und Wulfstans.
Dagegen hat die jüdische und arabische Litteratur des Mittelalters eine ganze Reihe von Reisewerken aufzuweisen, wie die der Araber Ibn Batuta, Ibn Foslan, Alberuni, Ibn Djobair, des Juden Benjamin von Tudela u. a. Sie sind sämtlich wichtige Quellen für die Kunde der damaligen Verhältnisse in Ländern, die noch heute dem Europäer nur schwer zugänglich sind. Für die Kenntnis Ostasiens sind die Reisen buddhistischer Priester, solcher wie Faheang und besonders Hiuenthsang, von Wichtigkeit.
Reis-Efendi - Reisen

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Seite 13.703.Zentralasien [* 5] wurde durch die 1246 vom Papst an Dschengis-Chan abgeordnete Gesandtschaft, welche Piano di Carpine führte, näher bekannt. Und als durch die Mongolen der Handel begünstigt wurde und ein geordneter Überlandverkehr bis nach Peking [* 6] entstand, konnte der Florentiner [* 7] Handlungsreisende Balducci Pegoletti 1376 über die hier verfolgte Straße berichten. Das spätere Mittelalter lieferte zahlreiche Berichte über das seit den Zeiten der Kreuzzüge vielbesuchte Heilige Land, so von Borchard, John Mandeville, Felix Fabri u. a., welche zum Theil in Feyerabends »Reyssbuch dess Heyligen Landes« (Frankf. 1584) gesammelt wurden (vgl. Tobler, Bibliotheca geographica palaestinensis, Leipz. 1867). Gegen Ende des Mittelalters veranlaßte der Handelsgeist der Venezianer zur Abfassung von Reisewerken, von denen nur die des Venezianers Marco Polo (s. d.) ¶
mehr
und der Gebrüder Zeno genannt zu werden brauchen. Seit Erfindung der Buchdruckerkunst wuchs die Reiselitteratur bald massenhaft
an, nach dem die Entdeckung Amerikas und die Expeditionen der Portugiesen nach dem Indischen Ozean, verbunden mit dem Wiederaufleben
wissenschaftlichen Strebens überhaupt, der Forschung neue und weite Gebiete eröffnet hatten. So entstanden denn
bereits im 16. Jahrh. Sammlungen von Reisewerken, wie die von Huttich und Grynäus (1532), Ramusio (1550 ff.), Hakluyt (1598
ff.). In der Mitte des 17. Jahrh. erhielten die Reisebesch
reibungen
neue Nahrung durch den großartigen Aufschwung des Handels, namentlich der Engländer.
Mit ihnen behaupteten Deutsche, [* 9] Franzosen, Nordamerikaner, Holländer und Russen in der wissenschaftlichen Reiselitteratur den ersten Platz. Gegenwärtig liegen über fast alle Gegenden der Erde die trefflichsten Reiseberichte wissenschaftlich gebildeter Reisenden in den Sprachen fast aller zivilisierten Völker vor. Die in fremden Sprachen verfaßten Berichte nichtdeutscher Forscher sind dem deutschen Publikum in guten Übersetzungen zugänglich gemacht worden und in einzelnen hervorragenden Fällen sogar gleichzeitig mit dem Originalwerk erschienen.
Hahn (Vogel) - Hahn (t

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Hahn.Unter den Deutschen, deren Reiseberichte sich besonders durch innern Gehalt und Vielseitigkeit auszeichneten, nimmt A. v. Humboldt unzweifelhaft den ersten Rang ein; hervorragend sind für die Kenntnis Amerikas die Werke des Prinzen von Neuwied, von Martius, Pöppig, Schomburgk, Tschudi, Burmeister, Philippi, Appun, Reiß, Stübel, Frantzius, Güßfeldt, v. d. Steinen, für die Afrikas die Berichte von Hornemann, Barth, Roscher, Rüppell, Russegger, Heuglin, Rohlfs, Nachtigal, Schweinfurth, v. d. Decken, Junker, Lenz, Hildebrandt, Mohr, Falkenstein, Pechuel-Loesche, Flegel, Pogge, Buchner, Holub, Buchholz, Mechow, Wißmann, Hahn, [* 10] Mauch, Schnitzer, Zöller, speziell für Ägypten [* 11] Lepsius und Klunzinger, für China [* 12] v. Richthofen, Kreitner, für die von Indien und Hochasien die Berichte der Gebrüder Schlagintweit, Leitners und Stoliczkas, für Hinterindien [* 13] Bastian, für den Indischen Archipel Junghuhn, Semper und Jagor, in russischen Diensten v. Baer, Schrenk, Middendorf u. a. für das nördliche und östliche Asien, [* 14] Abich und Radde für die Kaukasusländer, für Australien [* 15] Leichhardt und F. v. Müller, für Neuseeland Dieffenbach, Hochstetter und Haast, für Ozeanien [* 16] die in russischen Diensten stehenden Deutschen Kotzebue mit Chamisso, Krusenstern, Lütke, ferner A. B. Meyer, Finsch, Seemann, Gräffe, Bastian, für die Nordpolarländer [* 17] Payer und Weyprecht.
Schweden und Norwegen

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Schweden.Sehr umfangreich ist die wissenschaftliche Reiselitteratur in England vertreten. Auch den Franzosen, wiewohl sie, wie Italiener und Spanier, ihrer Natur nach weniger zum Reisen geneigt sind, verdankt dieselbe nicht nur wertvolle, sondern auch vorzüglich ausgestattete und meist auf Kosten der Regierungen ausgearbeitete Reisewerke. Die russische Thätigkeit in der Erforschung Innerasiens und Sibiriens ist eine sehr große, ganz außerordentlich aber die der Amerikaner der Union in der Erforschung ihres Kontinents; von den Schweden [* 18] ist Nordenskjöld zu nennen, die Dänen beschäftigen sich mit Grönland.
Ihnen allen verdanken wir eine zum Teil vortreffliche Reiselitteratur. Neben der wissenschaftlichen hat sich mit der Vervollkommnung der Verkehrsmittel in neuerer Zeit eine andre entwickelt, welche sich nach den mehr bekannten oder selbst nach völlig zivilisierten Ländern der Erde richtet und vorzugsweise Schönheiten der Natur, die sozialen und politischen Verhältnisse behandelt oder die persönlichen Erlebnisse, Betrachtungen und Empfindungen des Reisenden in den Vordergrund stellt und daher mehr oder weniger belletristischer Beschaffenheit ist.
Geschichtskarten von D

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Deutschland.
Auf diesem Gebiet haben die Reisenden verschiedener Nationen Vorzügliches geleistet; von Deutschen sind
namentlich zu nennen: Kohl, M. Wagner, Gerstäcker, Fallmerayer, Ida Pfeiffer, Thümmel, Stahl, v. Hügel, Pückler-Muskau, H. Heine,
Venedey, Mügge, Schmarda, v. Scherzer, v. Maltzan, Vambéry, Willkomm, Möllhausen, G. Rasch, Gregorovius, v. Löher, Rodenberg, A.
Ziegler, Faucher, v. Hübner, H. Meyer, Passarge u. a. Endlich ist noch auf jene Werke hinzuweisen, welche
durchaus Produkte der Phantasie, aber in das Gewand einer Reisebesch
reibung gekleidet sind: die sogen.
Robinsonaden und die fingierten naturwissenschaftlichen Reisebesch
reibungen, wie sie neuerdings J. Verne mit Erfolg gepflegt
hat. Um die Forschungen und Erfahrungen der Reisenden der großen Allgemeinheit des Volkes mehr zugänglich zu machen, hat
man sich in Deutschland
[* 19] schon früh bemüht, die Reiseberichte der Forscher aller Länder in Übersetzungen
und Bearbeitungen zu größern Sammelwerken zu vereinigen.
Von den neuern sind namentlich zu nennen: »Sammlung der besten und ausführlichsten Reisebesch
reibungen« (Berl.
1764-1803, 35 Bde.);
G. Forster, »Neue Geschichte der Land- und Seereisen« (Hamb. 1789-1808, 19 Bde.);
»Bibliothek der neuesten Reisebesch
reibungen« (Berl. 1780-90, 10 Bde.);
»Neues Magazin von merkwürdigen Reisebesch
reibungen« (das. 1803-39, 15 Bde.);
besonders aber Sprengel und Ehrmann, »Bibliothek der neuesten Reisebeschreibungen«
(Weim. 1800-1814, 50 Bde.),
und daran anschließend Bertuch, »Neue Bibliothek der Reisebeschreibungen«
(das. 1814-35, 65 Bde.);
ferner Widemann und Hauff, »Reisen und Länderbeschreibungen« (Stuttg. 1835-54, 42 Bde.),
und aus neuerer Zeit die »Bibliothek geographischer Reisebeschreibungen
und Entdeckungen« (Jena,
[* 20] seit 1868).
Sammlungen von
Auszügen aus zahlreichen Reisebeschreibungen
sind: Thomas, »Bilder aus Länder- und Völkerkunde« (Leipz. 1870);
Schöppner, »Hausschatz der Länder- und Völkerkunde« (3. Aufl., das 1876, 2 Bde.);
Spamer (»Buch der Reisen«, »Neues Buch der Reisen«).
In England befaßt sich die Hakluyt Society mit der Herausgabe
älterer Reisebeschreibungen.