forlaufend
134
Edelsteinen findet man Jaspis, Achat, [* 3] Amethyst, schöne Topase, Turmaline, Bergkrystalle, selten Opal, Saphir, Granat [* 4] und Karneol. Silberbergwerke bestehen bei Freiberg [* 5] (s. d.). Häufig sind Eisen, [* 6] Blei, [* 7] Zinn, besonders bei Altenberg, Arsenik, Spießglanz, Kobalt, Nickel, Wismut und Vitriol, seltener dagegen Kupfer [* 8] und Quecksilber. S. zählt über 30 Mineralquellen. Die meisten sind kalt, einige nur lauwarm; einzelne werden zum Trinken, fast alle zum Baden [* 9] benutzt.
Das besuchteste Bad [* 10] ist Bad Elster im Vogtlande; außerdem sind nennenswert: das Augustusbad bei Radeberg, Neustadt [* 11] bei Stolpen (Mineralbad), Warmbad bei Wolkenstein (29° C.), Schweizermühle (im Bielaer Grunde), Wiesenbad bei Annaberg [* 12] (23° C.), Hohenstein, [* 13] Bad Marienborn bei Schmeckwitz (Schwefel- und Eisenquelle), Tharandt, Berggießhübel, Lausigk (Hermannsbad), Grünthal (Schwefel- und Eisenmineralquelle), Gruben (eisen- und manganhaltige Quelle). [* 14]
Salzquellen kommen nicht vor. S. muß seinen ganzen Bedarf an
Salz
[* 15] von auswärts beziehen, besonders aus der preuß. Provinz
Sachsen
[* 16] (Dürrenberg) und aus
Anhalt.
[* 17]
Pflanzenreich. Die
Flora wird hauptsächlich durch das
Erzgebirge bedingt;
doch dringen einerseits fries. und balt. Charakterpflanzen (Gentiana pneumonanthe L.) in die
nördl. Niederungen, andererseits
Glieder
[* 18] der südöstl.
Steppen (Cytisus nigricans L.) in das Elbthal bis abwärts nach Meißen
[* 19] ein. Im
Erzgebirge herrscht der
Wald vor, besonders die
Fichte,
[* 20] in den Niederungen, namentlich auf Sandboden, die
Kiefer. Laubwald.
(Buchen) findet sich um
Tharandt, Marienberg und
Olbernhau und erreicht bei 700 m seine obere Grenze. Für
die Hochmoore des
Erzgebirges sind charakteristisch die Sumpfkiefer, Rauschbeere, Preißel- und
Moosbeere, Heidekraut, Wollgras
und
Torfmoose. - Der Fauna nach gehört S. zum mitteleurop. Gebiet.
Bevölkerung.
[* 21] Volkszählungen haben von 1834 bis 1867 alle 3 Jahre
stattgefunden, ferner 1871, 1875 und seitdem von 5 zu 5 Jahren. S. hatte 3502
684 (1701141
männl., 1
801
543 weibl.) E.,
d. i. 234 E. auf 1 qkm und 1059 weibl. auf 1000 männl. E. Die
Einwohnerzahl belief sich 1815 auf 1
178
802, 1834 auf 1
595
668, 1846 auf 1
836
433, 1855 auf 2
039
176, 1871 auf
2
556
244, 1880 auf 2
972
805 und 1885 auf 3182003. Die Zunahme betrug 1880-85: 7,04, 1885-90: 10,08 und 1871-90: 37 Proz.,
die größte Zunahme in allen deutschen
Bundesstaaten, nächst Reuß
[* 22] älterer Linie und den
Freien und Hansestädten.
Die Bevölkerung verteilt sich folgendermaßen auf die 4 Kreishauptmannschaften: Kreishauptmannschaften qkm
Bewohnte
Gebäude Haushaltungen Einwohner E. auf 1 qkm
Evangelisch Katholiken Israeliten
Bautzen 2469,73 50657 88228
370739 150 334
506 34303 268
Dresden 4336,86 74961 220
311 950
530 219 901
096 43001 2999
Leipzig 3567,35 69012
190
744 871
132 244 842
331 21650 4523
Zwickau 4619,00 104
970 292
199 1
310
283 284 1
273
818 30428 1578 ^[Additionslinie]
Zusammen 14992,94 299
600 791
482 3
502
684 234 3
351
751 129
382
9368 Von der Gesamtbevölkerung entfielen 1
596
797
Personen (45,6 Proz.) auf die Stadt-, 1
905
887 (54,4 Proz.) auf
die Landgemeinden.
Die Zahl der bewohnten Gebäudekomplexe betrug (1890) 299600, der bewohnten
Wohnhäuser
[* 23] 320
305, der unbewohnten 3802, der
Haushaltungen 729
965, der einzeln lebenden
Personen mit eigener Hauswirtschaft 58251 und der Anstalten 3266. Dem
Familienstand nach waren (1890) 2
032
822 Ledige, 1
267
004 Verheiratete, 193
449 Verwitwete und 9409 Geschiedene; dem Religionsbekenntnis
nach 3
337
850
Evangelisch-Lutherische, 12024
Evangelisch-Reformierte, 1877 sonstige
Evangelische, 128
509
Römisch-Katholische, 620
Griechisch-Katholische, 1180 Anglikaner, 1421
Deutsch-Katholische, 2289 Dissidenten, 9363 Israeliten
und 650 mit unbestimmter und ohne Angabe der
Religion.
Der
Staatsangehörigkeit nach waren 3423
493 deutsche Reichsangehörige, 67299
Österreicher, 9702 andere
Europäer und 2141
Angehörige außereurop.
Staaten. Von der ortsanwesenden
Bevölkerung waren geboren in S. 3
083
958, in andern
deutschen
Bundesstaaten 348
451, in einem andern europ.
Staate 67240, außerhalb Europas und auf See 2848 und unbekannten Geburtsortes 187. Die
Altersgliederung der
Bevölkerung 1890:
Altersklassen
Personen
Bis unter 10 J. alt 863
924 10 bis unter 20 J.
alt 720
285 20 " » 30 " » 610
915 30 "
» 40 " » 468
950 40 "
» 50 " » 349
661 50 bis unter 60 J. alt 248
272 60 "
» 70 " » 162
802 70 "
» 80 " » 67761 80 "
» 90 " » 9852 90 J. und darüber 262 Die Zahl der
Eheschließungen betrug (1893) 31388, der Geborenen 151
293, darunter 5135 Totgeborene,
der Gestorbenen (ausschließlich der Totgeborenen) 97883. Im J. 1893 wanderten aus S. nach überseeischen
Ländern aus 2018 (853
weibl.)
Personen, darunter 1662 nach den
Vereinigten Staaten.
[* 24]
Nach der Berufszählung vom entfielen von den Berufsthätigen mit
Angehörigen auf
Land- und Forstwirtschaft, Jagd
und Fischerei
[* 25] 602378 (20,0 Proz.), auf
Bergbau,
[* 26] Hüttenwesen,
Industrie und
Baugewerbe 1
695
895 (56,2), auf
Handel und Verkehr 360
675
(12,0), auf Militär-,
Staats-, Gemeinde- und kirchlichen Dienst sowie die sog. freien Berufsarten 148
361
(4,9), auf häusliche Dienste
[* 27] und Lohnarbeit wechselnder Art (nicht im Hause des Dienstgebenden Wohnende) 53584 (1,8); ohne
Beruf und Berufsangabe waren 153
929 (5,1 Proz.). Die Erwerbsthätigen überhaupt zählten 1
334
478
(44,3 Proz.), die in der Haushaltung ihrer Herrschaft lebenden Dienstboten 66914 (2,2), die
Haushaltungsangehörigen, welche nicht oder nur nebenbei erwerbsthätig waren, 1
613
430 (53,5 Proz.).
Von der damaligen Gesamtbevölkerung (3014822 E.) waren 393
669
Personen (13,6 Proz.) selbständig und 754
626
Personen (25,3
Proz.)
Gehilfen.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche kamen (1893) auf
Acker- und Gartenland 847
353, Wiesen 175
727,
Weiden und
Hutungen 10940,
Weinberge 823, Öd- und Unland 1803, Forsten und Holzungen 387
729, Haus- und
Hofräume 16367, Wegeland,
Straßen, Eisenbahnen
¶
forlaufend
135
öffentliche Plätze, Gewässer, Teiche und Wasserläufe u. s. w. 48625 ha. 1882 bestanden 192921 landwirtschaftliche
Betriebe und 19,98 Proz. der Bevölkerung war in der Bodenbenutzung und Tierzucht erwerbsthätig. Auf 3,18 Haushaltungen entfiel 1 landwirtschaftlicher
Betrieb, im Deutschen Reiche auf 1,82 Haushaltungen. Hieraus ist der vorwiegend industrielle Charakter des Landes zu erkennen,
und selbst die Landwirtschaft bat die Tendenz, mehr und mehr einen gewerblichen Charakter anzunehmen. S. hat 919 Rittergüter;
davon bilden 895 selbständige Gutsbezirke, 24 geboren zu Stadt- und Landgemeinden.
Güter mit einer landwirtschaftlich benutzten Fläche von mehr als 500 ha giebt es nur 7, darunter 4 in der Amtshauptmannschaft Grimma [* 29] (1 mit mehr als 1000 ha). Der beste Getreideboden findet sich in den sog. Pflegen von Pegau, Leisnig, Chemnitz, [* 30] Bautzen, [* 31] Zittau [* 32] und bei Lommatzsch. Die Lommatzscher Gegend wurde schon im Mittelalter «des Landes Meißen große Korntenne» genannt. Der schlechteste Boden liegt im obern Erzgebirge und den Waldgegenden des Vogtlandes, die schönsten Wiesen im Erzgebirge und den Elbniederungen.
Außer den gewöhnlichen Getreidearten werden Heidekorn in der Kreishauptmannschaft Dresden [* 33] rechts von der Elbe, Kartoffeln im Erzgebirge und im Vogtland, Flachs im mittlern Erzgebirge und der Oberlausitz, Raps und Rübsen besonders bei Dresden, Meißen, Oschatz [* 34] und Leipzig, [* 35] Karden für Tuchmacher bei Großenhain [* 36] und Lommatzsch, Arzneikräuter bei Bockau, Schwarzenberg, Borna und Leipzig und Küchengewächse vorzüglich bei Dresden, Großenhain, Zittau, Leipzig und Zwickau [* 37] gebaut.
Der größte Teil der landwirtschaftlich benutzten Fläche ist mit Roggen (1893: 216925 ha) bestellt, dann folgen Hafer
[* 38] (186162),
Kartoffeln (121764), Klee zu Futter und zu Samen
[* 39] (84610), Weizen (51324), Gerste
[* 40] (29138), Futterrüben
(19508), Kraut (15094), Misch- und Mengfrucht (8628), Zuckerrüben (4246), sonstige Rüben (3230), Buchweizen (2814), Wicken
(2620), Erbsen (1906) und Raps (1737 ha). Der Ernteertrag belief sich (1893) auf 397
672 t Roggen (im Werte von 51
788
825 M.), 170
532
Hafer (27890509), 107
693 Weizen (15633793), 40546 Gerste (6915120), ferner 1
545
850 t Kartoffeln, 383
658
Futterrüben, 112
042 Zuckerrüben, 35045 sonstige Rüben, 159
533 Kleeheu und Kleestroh, 352
873 Wiesenheu, 1735 Buchweizen, 1235 Erbsen, 1624 Wicken, 6363 Misch-
und Mengfrucht, 2504 t Raps und 235
919 Krauthäupter.
Der Weinbau tritt nur vereinzelt auf und hat in den letzten Jahren durch die Reblaus
[* 41] erheblich gelitten. Hopfen
[* 42] wird in der
sog. Sächsischen Schweiz
[* 43] gebaut. Der Tabakbau, welcher 1858 noch 5100 Centner Tabak
[* 44] lieferte, ist verschwunden.
Die früher blühende Schafzucht ist, seitdem es keine Brache, keine Lehden und keine Hutgerechtigkeiten mehr giebt, sehr Zurückgegangen,
ebenso die Feinheit der Wolle, weil die meisten Landwirte weniger auf diese als auf möglichst großes Schurgewicht
sehen, so daß die einst so berühmten Schäfereien hierin jetzt von den schlesischen überflügelt werden, und weil seit
1856, wo man aus den edelsten Zuchten Englands größere Stämme einzuführen begann, die Mästung der Schafe
[* 45] sich mehr und
mehr verbreitet hat. Die Schweinezucht hat seit 1846 durch Einführung engl. Nassen außerordentlich
gewonnen. Ziegen werden am meisten im
Erzgebirge, Gänse und Hühner
[* 46] in der Oberlausitz, namentlich in der Bautzener Gegend gehalten;
in der Leipziger Gegend sind auch große Gänseherden nicht selten. Die Bienenzucht
[* 47] ist zurückgegangen, Seidenraupenzucht
kommt nur vereinzelt vor. Der Viehbestand betrug 148499 Pferde,
[* 48] 664
833 (1893: 612744) Stück
Rindvieh, 105
194 Schafe, 433
800 (454035) Schweine,
[* 49] 128
562 Ziegen und 57662 Bienenstöcke, ferner 1
433
296 Hübner, 372
350 Gänse, 41924 Enten
[* 50] und 10210 Truthühner.
Obst wird besonders bei Dresden, Meißen, Leipzig und Colditz gebaut. Hervorragend ist die Erdbeerenzucht in der Lößnitz
unterhalb Dresden. Von dem Waldbestand (1893: 387728 ha) waren 197
063 ha Privat-, Stiftungs- und Genossenschafts-, 168
804
Staats- und 21861 ha Gemeindeforsten. Der Wald besteht zu 88,36 Proz. aus Nadelwald; unter dem Laubholz sind Buchen und Birken
am häufigsten, Eichen seltener. Der Ertrag der Waldungen stellte sich 1893 auf 822
564 Festmeter im Werte von 6
927
258 M. Bergbau
und Hüttenwesen.
Der Betrieb des Berg- und Hüttenwesens ist durch das Gesetz vom geregelt; an der Spitze der
fiskalischen Verwaltung steht das Bergamt in Freiberg, dem die sechs Revierausschüsse Freiberg, Schneeberg, Johanngeorgenstadt,
Altenberg, Marienberg und Scheibenberg untergeordnet sind. Der Erzbergbau umfaßte (1892) 101 Gruben mit 6880 Beamten und Arbeitern,
die 48538 t Erze im Wert von 5097
412 M. ausbrachten; 1893 förderten 35 Steinkohlengruben mit 21267 Arbeitern
(darunter 350 Frauen) 4
274
064 t Steinkohlen und Anthracit im Wert von 40
515
744 M., 113 Braunkohlengruben mit 2366 Arbeitern
(darunter 160 Frauen) 940
988 t Braunkohlen im Wert von 2
655
325 M. Im J. 1892 war eine Eisenhütte (in Cainsdorf
bei Zwickau) mit einem Hochofen im Betrieb und lieferte mit 170 Arbeitern 24062 t Masseln (Gänze) im Wert von 1
332
439 M. und 225 t
Gußwaren erster Schmelzung im Wert von 15811 M. 1894 fand zeitweilig keine Roheisenerzeugung statt; 1893 erzeugten 138 Eisengießereien
mit 7251 Arbeitern 110
830 t Gußwaren (20115315 M.); endlich lieferten 4 Schweißeisenwerke 33894 t Fabrikate
aus Schweißeisen für 3
989
780 M. und 4 Flußeisenwerke mit 2202 Arbeitern 55901 t Blöcke (Ingots) zum Verkauf und Fabrikate
aus Flußeisen im Werte von 7
816
228 M. Die Gesamtzahl der im Betrieb befindlichen Steinbrüche betrug (1893) 365, die Zahl
der in denselben beschäftigten Arbeiter 3580, die gesamte Warenproduktion schätzungsweise 180-190000
cbm. Industrie und Gewerbe.
Die Industrie ist hoch entwickelt und nimmt eine bedeutende Stellung ein. Die ausgeführte Zählung gewerblicher
Anlagen (mit mindestens 10 Arbeitern oder durch elementare Kraft
[* 51] bewegten Triebwerken oder Hüttenwerke, Zimmerplätze, Werften,
Ziegeleien u. s. w. oder die nach §. 16 der Gewerbeordnung besondere
Genehmigung bedürfen) und der daselbst beschäftigten Arbeiter ergab im ganzen 14808 Anlagen, darunter 5595 mit Dampfbetrieb
und 5462 mit sonstigen elementaren oder tierischen Motoren, und 394426 (260207 männlichen, 134
219 weiblichen) Arbeitern,
darunter 1849 (588 weibliche) im Alter von 12 bis 14 und 31379 (13419 weibliche) im Alter von 14 bis 16 J.
Nach der Gewerbezählung vom gab es 359
447 Gewerbebetriebe (313140 Haupt- und 46307 Nebenbetriebe) mit 815
683 Arbeitern.
¶
0137a ¶
forlaufend
136
Die Gewerbebetriebe verteilen sich, nach der Zahl der in ihnen beschäftigten Personen geordnet, folgendermaßen auf die einzelnen
Gewerbegruppen: Gewerbegruppen Hauptbetriebe Nebenbetriebe Beschäftigte Personen Textilindustrie 109278 13307 236
670
Bekleidungsindustrie und Reinigung 71760 4843 116
410 Handelsgewerbe 35519 12336 68874 Baugewerbe 8347 777 63621 Industrie
der Nahrungs- und Genußmittel 18825 2694 52908 Verfertigung von Maschinen, Werkzeugen, Instrumenten
und Apparaten 8172 663 43132 Industrie der Holz- und Schnitzstoffe 18642 2381 42305 Metallverarbeitung 10605 598 33737 Industrie
der Steine und Erden 3042 150 32154 Bergbau-, Hütten- und Salinenwesen, Torfgräberei 281 15 31736 Papier- und Lederindustrie
5199 381 28422 Beherbergung und Erquickung 13235 4157 26344 Verkehrsgewerbe 5133 1355 12305 Polygraphische
Gewerbe 1059 62 11924 Kunst- und Handelsgärtnerei 1360 105 4516 Chem.
[* 54] Industrie 613 130 4393 Industrie der Leuchtstoffe,
Fette, Öle
[* 55] und Firnisse 584 118 2824 Künstler und künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke 886 99 2136 Versicherungsgewerbe
472 2062 1053 Tierzucht (ausschließlich Zucht landwirtschaftlicher Nutztiere) und Fischerei 128 74 219 Den
wichtigsten Industriezweig bildet die Textilindustrie.
Von 100 erwerbsfähigen Personen kamen (1882) in S. auf die Textilindustrie allein 18,37 (im Deutschen Reich nur 4,83). 1893 gab
es 2831 Anlagen mit 157967 Arbeitern. Die Leinenweberei gehört zu den ältesten Gewerben in S. und wird besonders in den
an Schlesien
[* 56] und Böhmen
[* 57] grenzenden Teilen der Lausitz betrieben. Trotz des Rückganges gegen das letzteJahrzehnt des 18. Jahrh.
sind die vortrefflichen Fabrikate der 1666 in Großschönau eingeführten Damastweberei noch immer sehr geschützt.
Hauptsitz der Zwillichmanufaktur ist Waltersdorf bei Zittau; leinenes Band [* 58] wird hauptsächlich in Großröhrsdorf und Pulsnitz gefertigt. 1882 beschäftigte die Leinenweberei 16990 Personen. Mechan. Flachsspinnereien und Flachshecheleien waren (1882) 30 vorhanden; die größten befinden sich in Hirschfelde, Hainitz, Freiberg und Wiesa bei Annaberg. Die Woll- und Baumwollmanufakturen bestehen gleichfalls seit langem; 1882 bestanden 167 Betriebe für Wollbereitung mit 2203 beschäftigten Personen, 410 Kammgarn-, Streichgarn- und Vigognespinnereien mit 15665 beschäftigten Personen, 17 Kunstwollspinnereien (Mungo und Shoddy) mit 541 beschäftigten Personen, 9629 Wollwebereien mit 21782 beschäftigten Personen, 346 Baumwollspinnereien mit 9127 beschäftigten Personen, 22576 Baumwollwebereien mit 33822 beschäftigten Personen und 10564 Webereien für gemischte Stoffe mit 23068 beschäftigten Personen.
Die größte Wollkämmerei besitzt Leipzig, die größten Kammgarnspinnereien befinden sich in Leipzig, Kleinzschocher, Altchemnitz, Harthau bei Chemnitz, Kappet, Schedewitz, Liebschwitz, Wilkau und Arnsdorf bei Penig, die größten Streichgarn- und Vigognespinnereien in Crimmitschau, [* 59] Werdau [* 60] und Reichenbach, [* 61] die größten Baumwollspinnereien in Chemnitz, Furth, Scharfenstein, Zschopau, Hohenfichte, Witzschdorf, Mohsdorf und Oberleutersdorf. Hauptsitze der Tuchmanufaktur sind Großenhain, Bischofswerda.
Kamenz, [* 62] Kirchberg mit Umgebung, Leisnig und Roßwein; in Crimmitschau mit Umgebung und Werdau werden vorzugsweise Buckskins, halbwollene und leichte tuchartige Stoffe, in Oederan, Hainichen, Reichenbach und Mylau Flanelle gefertigt. Glauchau [* 63] und Meerane [* 64] liefern Kleider- und Möbelstoffe, Zittau und Reichenau Orleans. Hauptsitze der Baumwoll- und Halbbaumwollweberei sind das Vogtland, die Chemnitzer Gegend und ein Teil der Lausitz. Die Seidenweberei, im ganzen noch nicht von großer Bedeutung (371 Betriebe mit 700 beschäftigten Personen), wird vorzugsweise in Frankenberg, Elsterberg, Hohenstein und Callnberg betrieben; Bad-Elster fabriziert seidenen Sammet.
Seidenspinnereien giebt es in Großenhain, Rodewisch und Cunnersdorf bei Kirchberg. Erwähnenswert sind noch die bedeutende Jutespinnerei und Weberei [* 65] in Meißen und die Nesselweberei in Zittau. Für die Fabrikation von Strumpfwaren bestanden (1882) 26469 Betriebe mit 45321 beschäftigten Personen; Hauptsitze sind Chemnitz, Hohenstein, Limbach, Lößnitz und Burgstädt mit Umgebung. Die Spitzenklöppelei im obern Erzgebirge (Annaberg, Schneeberg, Eibenstock) [* 66] beschäftigt eine große Anzahl weiblicher Hände und wird in neuerer Zeit in Klöppelschulen (s. d.) gelehrt.
Die Stickerei hat einen bedeutenden Aufschwung genommen. Hauptplatz ist Plauen, [* 67] ferner Eibenstock, Schneeberg, Auerbach [* 68] und Falkenstein. Wichtig für das Obererzgebirge und das Vogtland ist die Posamentenfabrikation, welche (1882) 16541 Personen in 13487 Betrieben beschäftigte. Für die Veredelung der Gespinste und Gewebe, [* 69] Spitzen und Stickereien, Strumpf- und Strickwaren bestehen bedeutende Anlagen, in welchen namentlich auch das Ausland Fabrikate veredeln läßt. Im ganzen waren (1882) vorhanden: für Wollfärberei, -Druckerei und -Appretur: 489 Betriebe mit 4591 Arbeitern;
für Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appretur von Gespinsten und Geweben aus Flachs, Hanf, Werg, Jute [* 70] u. s. w.: 139 Betriebe mit 839 Arbeitern;
für dergleichen von Gespinsten und Geweben aus Baumwolle: [* 71] 439 Betriebe mit 3629 Arbeitern;
für Wäscherei, Bleicherei und Appretur von Spitzen und Stickereien: 416 Betriebe mit 644 Arbeitern;
für Seidenfärberei und -Druckerei: 21 Betriebe mit 143 Arbeitern;
für sonstige Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appretur, auch ohne Stoff angäbe: 621 Betriebe mit 5949 Arbeitern;
für Appretur von Strumpf- und Strickwaren: 5282 Betriebe mit 7642 Arbeitern.
Die Veredelungsindustrie ist vertreten in Plauen, Chemnitz und Reichenbach, die Wäschefabrikation in der Gegend von Plauen und Schneeberg; Rüschen fabriziert Leipzig, Korsetts Oelsnitz i. V., Schuhwaren Pegau und Groitzsch, Rauchwaren Leipzig mit Umgebung, künstliche Blumen Dresden, Leipzig, Sebnitz und Neustadt bei Stolpen. In Freiberg und Umgegend blüht die Fabrikation leonischer Waren, in Neustadt bei Stolpen die Messerfabrikation; Pirna [* 72] besitzt ein großes Emaillierwerk für Kochgeschirr. Der Maschinenbau, namentlich der Bau von Dampfmaschinen [* 73] und Maschinen für die Textilindustrie, steht auf einer hohen Stufe. Hauptplatz für die Maschinenfabrikation ist Chemnitz; bedeutende Maschinenfabriken befinden sich auch in Kappel bei Chemnitz, in Leipzig, Erla, Gittersee, Golzern bei Grimma u. s. w. Nähmaschinen [* 74] und in neuerer Zeit Fahrräder werden vorzüglich in Dresden gefertigt, Pianoforte in Dresden und Leipzig, mechan. ¶
Sachsa - Sachsen

* 75
Seite 14.123.Titel
Sachsen.
[* 16] Übersicht der zugehörigen Artikel:
Der Volksstamm | 123 |
---|---|
Das alte Herzogtum S. | 124 |
Das jüngere Herzogtum S. | 125 |
Die Pfalzgrafschaft S. | 125 |
Die ernestinische Linie | 125 |
Das Königreich S. (Geogr.) | 126 |
Geschichte des Kurstaats (seit 1423) und Königreichs S. | 133 |
Preußische Provinz S. | 141 |
Sächsische Herzogtümer.
Sachsen-Altenburg | 143 |
---|---|
S.-Gotha (Geschichte) | 145 |
S.-Hildburghausen (Gesch.) | 146 |
S.-Coburg-Gotha | 146 |
S.-Meiningen | 150 |
S.-Weimar-Eisenach | 153 |
Ems - Emscher

* 76
Ems - Emscher. Der Volksstamm der Sachsen
Die Sachsen
sind gleich den Alemannen u. a. ein germanischer Völkerbund (Sachsenbund
), in welchem
die Cherusker, Chauken, Marsen, Angrivarier u. a. aufgegangen waren, und der nach Widukind seinen Namen von einer Waffe, Sahs (Steinmesser),
erhielt, während andre ihn als Sassen, d. h. Seßhafte, erklären. Sie wohnten zu beiden Seiten der Elbmündung und auf
den Inseln vor derselben (Insulae Saxonum), von wo sie sich nach Westen und Süden bis zur Ems,
[* 76] Lippe
[* 77] und zum
Harz ausbreiteten.
Als Seeräuber suchten sie die Küsten der Nordsee heim, plünderten die Küsten Britanniens und Galliens, und mit ihrer Hilfe bemächtigte sich 287 der Menapier Carausius der Herrschaft Britanniens. In Gemeinschaft mit den Angeln setzten sie sich um 450 in dem von den Römern verlassenen Britannien dauernd fest und gründeten daselbst das angelsächsische Reich (s. Angelsachsen). In ihrer festländischen Heimat schieden sie sich nach der Lage ihrer Wohnsitze in die Ostfalen im O., die Westfalen [* 78] im W. der Weser, die Engern (Angrarier) zu beiden Seiten derselben und die Nordalbingier im N. der Elbe.
Von den Erschütterungen der Völkerwanderung wenig berührt, bewahrten sie unverändert die Grundzüge altgermanischen Wesens. Neben den freien Grundeigentümern, den Frilingen oder Fronen, aus denen die Edelinge hervorragten, gab es dienstpflichtige Unfreie, Liten (Laten), und Leibeigne. Sie bildeten freie Volksgemeinden und Gaugenossenschaften unter gewählten Vorstehern; nur in Kriegszeiten stellten sie sich unter die Führung eines Herzogs. Alljährlich fand zu Marklo an der Weser eine Versammlung von Abgeordneten der einzelnen Gaue statt, welche über gemeinsame Angelegenheiten, besonders über Krieg und Frieden, beriet. Städte hatten die S. nicht, nur Burgen [* 79] (Eresburg u. a.). Gleich den alten Germanen hatten sie keinen Priesterstand, hingen aber dem heidnischen Götterdienst mit Eifer und Treue an.
Sachsen (das alte Herz

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Seite 14.124.Nachdem die S. 530 im Bund mit den Franken das Thüringerreich zerstört und das Land zwischen Harz und Unstrut erworben hatten, gerieten sie allmählich in Abhängigkeit von den Franken, denen sie sich 553 ¶
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124 zur Zahlung eines jährlichen Tributs von 500 Kühen verpflichten mußten; erst 631 wurden sie von demselben gegen das Versprechen, die fränkische Grenze gegen die Einfälle der Wenden zu verteidigen, befreit. Infolge des Verfalls des Merowingerreichs wieder unabhängig, wurden sie erst von Karl Martell wieder mit Krieg überzogen (718, 720 und 738), weil sie das Land der Hattuarier (Geldern) verwüstet hatten. Pippin führte mehrere Kriege gegen sie, unterwarf die Grenzsachsen, bekehrte sie zum Christentum und legte, nachdem er bis zur Weser und Oker vorgedrungen, 759 den S. einen Tribut von 300 Pferden auf.
Paderborn

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Paderborn.Aber erst der große Sachsenkrieg Karls d. Gr. (772-785) unterwarf die S. dauernd der fränkischen Herrschaft und dem Christentum. Schon auf seinem ersten Feldzug eroberte Karl die Eresburg, zerstörte die Irmensäule, drang bis an die Weser vor und empfing von den S. Geiseln und das Versprechen, die christliche Mission nicht zu stören. Während Karl 774 gegen die Langobarden zog, empörten sich die S. unter Widukind, wurden aber in zwei Kriegen 775-776 von Karl unterworfen, der 777 auf sächsischem Gebiet zu Paderborn [* 81] einen Reichstag abhielt, auf dem viele Edelinge ihm huldigten und die Taufe empfingen.
Während Karls Abwesenheit in Spanien [* 82] erhoben sich die S. 778 von neuem und verwüsteten das rechte Rheinufer. 779 unternahm daher Karl den vierten Zug nach Sachsen, drang bis zur Oker vor, wo viele Engern und Ostfalen sich unterwarfen, und hielt 780 einen Reichstag zu Lippspringe ab, auf welchem Sachsen im Missionsbezirke eingeteilt wurde. Die Einführung der fränkischen Grafschaftsverfassung und der Heerespflicht rief 782 einen allgemeinen Aufstand unter Widukind hervor; die Kirchen wurden zerstört, die Priester verjagt und ein gegen die Sorben ziehendes Frankenheer am Süntel vernichtet.
Die furchtbare Rache, die Karl durch Hinrichtung von 4500 Gefangenen in Verden [* 83] a. d. Aller nahm, reizte die S. zum äußersten Widerstand; doch erlitten sie 783 bei Detmold [* 84] und an der Hase [* 85] blutige Niederlagen, in welchen die waffenfähige Mannschaft fast zu Grunde ging; das Land wurde auf Befehl Karls mit Feuer und Schwert verwüstet. Auf dem Reichstag zu Paderborn 785 wurde darauf die Annahme des Christentums bei Todesstrafe geboten und die Abgabe des Zehnten auferlegt.
Osmerus - Osnabrück

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Osnabrück.Nun empfingen Widukind und sein Freund Albio die Taufe zu Attigny. Hiermit war die Unterwerfung Sachsens entschieden. Zwar kam es während des Avarenkriegs 793 noch einmal zu einer Empörung der S. Doch wiederholte Feldzüge Karls durch das Sachsenland ( der letzte 804), Verpflanzung von S. in andre Reichsteile und Ansiedelung fränkischer Kolonisten in Sachsen brachen endlich die Widerstandskraft des Volkes gänzlich. Die Errichtung zahlreicher Bistümer, wie Osnabrück, [* 86] Verden, Bremen, [* 87] Paderborn, Minden, [* 88] Halberstadt, [* 89] Hildesheim [* 90] und Münster, [* 91] hatte die feste Begründung der christlichen Religion in Sachsen zur Folge; ja, die S. wurden die eifrigsten Christen und unversöhnliche Feinde ihrer heidnisch gebliebenen östlichen Nachbarn, der Wenden.
Nur ihr altes Stammesrecht, die Lex Saxonum, behielten sie. Der fränkischen Herrschaft blieben sie treu und standen dem Kaiser Ludwig dem Frommen gegen seine Söhne bei. Während des Kriegs unter diesen nach des Kaisers Tod gelang es dem bei Fontenoy 841 geschlagenen Kaiser Lothar, die niedern Stände in Sachsen, die Frilinge und Liten, gegen den von den Franken sehr begünstigten Adel aufzureizen und den Aufstand eines Stellinga genannten Bundes hervorzurufen; doch wurde derselbe 842 von Ludwig dem Deutschen unterdrückt. Sachsen fiel im Vertrag von Verdun [* 92] an das ostfränkische Reich.
Umgebung von Hamburg

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Hamburg.Das alte Herzogtum Sachsen.
Die Schutzlosigkeit, in welcher die Karolinger das Land gegen die Raubeinfälle der Slawen und Normannen ließen, welch letztere 845 Hamburg [* 93] zerstörten, bewirkte, daß die Sachsen sich wieder unter die Führung eines Herzogs stellten. Diese Würde erlangte zuerst Otto der Erlauchte (880-912), Sohn Brunos, eines Edelmanns aus reichbegütertem Geschlecht, der 880 bei Hamburg gegen die Normannen fiel; Otto dehnte seine Gewalt auch über Thüringen aus. Sein Sohn Heinrich (912-936) ward 919 zum deutschen König erwählt, und damit wurde der Stamm der Sachsen an die Spitze Deutschlands [* 94] gestellt.
Seiner kriegerischen Tüchtigkeit verdankte dies die Vertreibung der Magyaren (933) und die Unterwerfung der slawischen Stämme rechts der Elbe. Unter der weisen Leitung Heinrichs und seines großen Sohns Otto I. entwickelten sich aber auch Künste und Wissenschaften in S. zu hoher Blüte. [* 95] Zahlreiche Kirchen und Klöster wurden errichtet, Poesie und Geschichtschreibung in letztern eifrig gepflegt. Die Sachsen, welche sich kaum 200 Jahre früher der fränkischen Herrschaft und dem Christentum so hartnäckig widersetzt hatten, waren unter dem sächsischen Kaisergeschlecht die Hauptstütze des heiligen römischen Reichs deutscher Nation.
Otto I. übertrug 950 dem tapfern Grafen Hermann Billung das Herzogtum S., der durch glückliche Kämpfe gegen die Wenden die Ostgrenze erweiterte; doch gingen die überelbischen Eroberungen unter Herzog Bernhard I (973-988), dem Sohn Hermanns, wieder verloren, als nach dem Tod Kaiser Ottos II. die Slawen einen großen Aufstand machten; weder Otto III. noch Heinrich II. vermochten dieselben wiederzugewinnen. Auf Herzog Bernhard II. (988-1011) folgte Bernhard III. (1011-59), unter dessen langer Regierung mit dem Erlöschen des sächsischen Kaiserhauses (1024) die deutsche Königskrone vom sächsischen Stamm wieder auf den fränkischen überging.
Goslawski - Gospic

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Goslar.Das erbliche sächsische Herzogtum, das auch die Bischöfe unter seine Gewalt beugte, war seitdem die Hauptstütze der fürstlichen Opposition gegen die kaiserliche Macht, und der auf seine Eigenart und seine Freiheiten stolze sächsische Stamm stand den Billungern treu zur Seite. Vergeblich verlegten die Kaiser Heinrich III. und Heinrich IV. ihre Residenz nach S., nach Goslar [* 96] und den von ihnen am Harz erbauten Burgen. Gerade die damit verbundenen Belästigungen und Kosten reizten die Sachsen um so mehr gegen die fränkischen Herrscher auf, und als Heinrich IV. den sächsischen Großen Otto von Nordheim des Herzogtums Bayern [* 97] beraubte und den Nachfolger Herzog Ordulfs (1059-71), Herzog Magnus, durch Kerkerhaft zum Verzicht auf die sächsische Herzogswürde zwingen wollte, brach 1073 in S. eine Empörung aus, welche erst 1075 durch den Sieg des Königs bei Hohenburg bewältigt wurde. Doch hatten Heinrichs Gegenkönige, Rudolf von Schwaben, Hermann von Luxemburg [* 98] und Ekbert von Meißen, auch nachher ihre Hauptstütze im Sachsenstamm.
Sachsen (das jüngere H

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Seite 14.125.Als 1106 mit Magnus der Billungsche Mannesstamm erlosch, belehnte Heinrich V. den Grafen Lothar von Supplinburg mit dem Herzogtum S. Derselbe brachte durch Heirat die reichen nordheimischen und braunschweigischen Güter an sich (1113) und stellte sich auf Anstiften der päpstlichen Partei an die Spitze der Fürstenopposition, welche in der ¶
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Schlacht am Welfesholz 1115 den Sieg über das kaiserliche Heer davontrug. Als dann Lothar nach dem Erlöschen des salischen Hauses 1125 selbst auf den Kaiserthron erhoben wurde, hatte er mit den staufischen Brüdern um die Krone zu kämpfen und mußte gegen sie eine Stütze beim welfischen Herzog von Bayern, Heinrich dem Stolzen, suchen, der von seiner Mutter Wulfhild, der Tochter des Herzogs Magnus, die Billungschen Hausgüter geerbt hatte. Er vermählte demselben seine Tochter Gertrud und übertrug ihm auch auf seinem Sterbebett 1137 das Herzogtum S. Als der neue König, Konrad III., diese Übertragung nicht anerkennen wollte, kam es zwischen ihm und Heinrich zum Kampf; letzterer wurde geächtet und seine Herzogtümer ihm abgesprochen, von denen S. dem Markgrafen Albrecht dem Bären übertragen wurde.
Löwe (Tier)

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Löwen.Doch konnte dieser auch nach Heinrichs des Stolzen Tod (1139) S. nicht erobern und mußte es im Frankfurter Frieden 1142 Heinrichs Sohn, Heinrich dem Löwen, [* 100] zurückgeben, wogegen die Mark Brandenburg [* 101] vergrößert und von der herzoglichen Gewalt befreit wurde. Heinrich der Löwe nahm mit Erfolg die Kriege gegen die Wenden wieder auf, eroberte Holstein, Mecklenburg [* 102] und Vorpommern, gründete Bistümer und Städte, wie Lübeck, [* 103] und verbreitete deutsche und christliche Kultur; die sächsischen Großen, geistliche wie weltliche, brachte er unter seine Botmäßigkeit.
Köln

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Köln.Seine über fast ganz Norddeutschland sich erstreckende Macht war eine königliche. Als er nun 1176 dem Kaiser Friedrich I. die Heeresfolge nach Italien [* 104] verweigerte, wurde die Zertrümmerung dieses allzu großen Herzogtums beschlossen. Nachdem Heinrich der Löwe 1180 geächtet und vom Kaiser zur Unterwerfung gezwungen worden war, wurden ihm nur seine Allodien, Braunschweig [* 105] und Lüneburg, [* 106] gelassen. Die Bischöfe und weltlichen Fürsten, auch einige Städte wurden für reichsunmittelbar erklärt, die herzogliche Gewalt in Westfalen dem Erzstift Köln [* 107] übertragen und der Name des Herzogtums S. auf den östlichen Teil an der Elbe beschränkt, mit dem Albrechts des Bären zweiter Sohn, Bernhard von Askanien, belehnt wurde.
Das jüngere Herzogtum Sachsen.
Das neue Herzogtum S., dem alten Volksherzogtum weder an Umfang noch an Macht vergleichbar, spielte demgemäß in der Geschichte des Deutschen Reichs nur eine untergeordnete Rolle. Dazu kam, daß die Askanier nach dem Tode des zweiten Herzogs aus ihrem Geschlecht, Albrechts I. (1212-60), S. teilten, so daß der ältere Sohn, Johann, das Gebiet an der untern, der jüngere, Albrecht II. (1260 bis 1298), das an der mittlern Elbe erhielt; beide Linien, die sich nach ihren Hauptstädten Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg nannten, führten den Titel eines Herzogs von S., Engern und Westfalen und eines Reichsmarschalls und erhoben beide auf das Recht, den König zu wählen, Anspruch.
Nach langem Streit wurde dies Recht durch die Goldene Bulle 1356 der wittenbergischen Linie zugesprochen, welche zugleich mit dem Erzmarschallamt das Reichsvikariat in den Ländern des sächsischen Rechts erhielt und sich durch die Unteilbarkeit der Kurlande vor weiterer Zersplitterung bewahrte. Herzog Rudolf II. (1356-70), Rudolfs I. (1298-1356) Sohn, nannte sich zuerst Kurfürst von S., sein Bruder Wenzel (1370-88) führte zuerst die Kurschwerter im sächsischen Wappen. [* 108] Wenzels Sohn Rudolf III. starb kinderlos 1419, und mit seinem Bruder Albrecht III. erlosch 1422 die wittenbergische Linie des askanisch-sächsischen Hauses.
Lauenburg (in Pommern)
![Bild 60.1010: Lauenburg (in Pommern) - Lauerhütte [unkorrigiert] Bild 60.1010: Lauenburg (in Pommern) - Lauerhütte [unkorrigiert]](/meyers/thumb/60/60_1010.jpeg)
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Lauenburg.Kaiser Siegmund verlieh, ohne die Ansprüche der Linie Sachsen-Lauenburg zu berücksichtigen, S. dem Markgrafen Friedrich dem Streitbaren (s. Friedrich 58) von Meißen, welcher zu Ofen feierlich belehnt wurde. Mit ihm beginnt die Herrschaft des Hauses Wettin. Sachsen-Lauenburg erhob im 15. Jahrh. noch mehrmals Anspruch auf die kurfürstlichen Titel und Rechte, aber ohne Erfolg (weiteres s. Lauenburg). [* 109] Der Name S. ging nun auch auf die übrigen Besitzungen des Hauses Wettin, Meißen und Thüringen, über; doch wurde dieses S. noch lange als Obersachsen von Niedersachsen, dem Gebiet der untern Elbe und Weser, unterschieden, bis für letzteres Land der Name Hannover [* 110] üblich wurde. Über die Geschichte Kursachsens seit 1423 s. Sachsen, Königreich (S. 134 ff.).
Die Pfalzgrafschaft Sachsen.
Die königlichen Güter in S., hauptsächlich in der Nähe des Kyffhäusers gelegen (Grona, Werla, Wallhausen), ferner Dornburg, Arnstadt [* 111] und Sulza, die königlichen Pfalzen und Besitzungen in Magdeburg [* 112] und Merseburg [* 113] wurden von Pfalzgrafen verwaltet, als deren erster Adalbert oder Berno (gest. 982) genannt wird. Um 1040 kam die Pfalzgrafschaft an Dedo, Grafen von Goseck, dessen Nachfolger sich, als Friedrich von Sommerschenburg die Grafschaft 1088 seinem Großneffen Friedrich von Goseck entrissen hatte, nach ihrem Allod Pfalzgrafen von Putelendorf (Bottelndorf a. d. Unstrut) nannten.
Gellheim - Gelnhausen

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Gelnhausen.Nach dem Erlöschen des Hauses Sommerschenburg mit Albrecht II. 1179 verlieh Kaiser Friedrich I. auf dem Reichstag zu Gelnhausen [* 114] die Pfalzgrafschaft S. dem Landgrafen Ludwig III. von Thüringen, der sie 1181 seinem Bruder Hermann abtrat. Nach dem Aussterben des thüringischen Landgrafengeschlechts kam sie nebst Thüringen an den Markgrafen Heinrich den Erlauchten von Meißen, der sie 1291 nebst Landsberg, [* 115] Delitzsch [* 116] und Sangerhausen [* 117] an den Markgrafen von Brandenburg verkaufte. In ihren Resten, Lauchstädt und Allstedt, kam die Pfalzgrafschaft S. 1318 als Wittum an Agnes, die Witwe Heinrichs des ältern von Brandenburg, von deren Erben sie Markgraf Friedrich der Ernsthafte von Meißen 1347 kaufte, worauf er sich den pfalzgräflichen Titel beilegte. Doch galt noch immer die Pfalz in Magdeburg als eigentlicher Sitz der Pfalzgrafschaft, welche daher in der sächsischen Goldenen Bulle vom als ein Zubehör des Herzogtums S. bezeichnet wurde. Friedrich der Streitbare legte den bedeutungslos gewordenen pfalzgräflichen Titel ab und behielt nur das Wappen, den kaiserlichen Adler, [* 118] bei.