Titel
Schlabrendorf
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1) Ernst Wilhelm von, preuß. Staatsmann, geb. aus einem in Preußisch-Schlesien begüterten Adelsgeschlecht, ward von Friedrich d. Gr. zum Vizepräsidenten der Kriegs- und Domänenkammer in Stettin, [* 2] dann zum Wirklichen Geheimen Rat, Staats- und Kriegsminister ernannt und vollendete als dirigierender Minister von Schlesien [* 3] seit 1755 nach seines Königs eigner Anerkennung durch musterhafte Verwaltung das Werk der kriegerischen Eroberung dieses Gebiets friedlich; starb
Halle

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Halle.2) Gustav, Graf von, Sohn des vorigen, geb. zu Stettin, studierte in Halle [* 4] und Frankfurt [* 5] a. O., bereiste dann Deutschland, [* 6] Frankreich und England und ließ sich nach dem Beginn der Revolution in Paris [* 7] nieder, wo ihm seine Wohlthätigkeit und seine ausgebreiteten Kenntnisse allgemeine Achtung verschafften. Als Freund der Girondisten 1793 in deren Fall verwickelt, entging er nur durch einen Zufall der Guillotine und erhielt durch Robespierres Sturz die Freiheit wieder.
Napoleon I. ließ ihn trotzdem, daß sich S. ungescheut und offen gegen ihn aussprach, als einen unschädlichen Sonderling unbelästigt; doch wurde er, als er 1813 zu thätiger Teilnahme am Befreiungskrieg sich nach Preußen [* 8] begeben wollte, durch Verweigerung seiner Pässe in Paris zurückgehalten. Die letzten zehn Jahre seines Lebens verließ er sein Zimmer fast niemals; er lebte nur seinen Ideen und beschäftigte sich vorzüglich mit Erfindung einer Sprachmaschine, die vollkommen die menschliche Stimme nachahmen sollte. Er starb in Paris. Durch sein bereits 1785 errichtetes Testament hatte S. einen wesentlichen Teil seines Grundvermögens für eine schlesische Schulstiftung ausgesetzt, aus der mehrere Waisenhäuser und Seminare für Katholiken und Protestanten hervorgingen. Er hatte wesentlichen Anteil an der Schrift seines Freundes J. F. Reichard ^[richtig: Johann Friedrich Reichardt]: »Bonaparte und das französische Volk unter seinem Konsulat« (1804).