Desmoulins
Blatt (Blattstellung)

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Blatt.(spr. dämuläng), Benoît Camille, einer der hervorragendsten Charaktere der französischen Revolution, geb. zu Guise in der Picardie, studierte auf dem Collège Louis le Grand zu Paris [* 2] die Rechte, ward Advokat in Paris und warf sich mit glühender Begeisterung für Freiheit und Gleichheit, die er schon als Jüngling in Gedichten gefeiert, der Revolution in die Arme. Im Palais Royal wußte er durch feurige Reden die Menge zu entflammen, und als er sie aufforderte, ein Abzeichen für die Freiheitskämpfer anzulegen, und selbst ein Blatt [* 3] von einem Baum an seinen Hut [* 4] steckte, entstand der Gebrauch, Kokarden zu tragen.
Beim
Sturm auf die
Bastille verkündigte er von den Trümmern herab den
Franzosen
Freiheit und
Gleichheit.
In seinem
Journal
»Révolutions de
France et du
Brabant« nannte er sich den »Procureur général de la lanterne«
und erklärte offen, daß die
Volkssouveränität die einzige Verfassungsart sei, welche der französischen
Nation und jedermann,
der des
Namens
Mensch nicht unwürdig sei, gezieme. Zu dieser Zeit heiratete Desmoulins
Lucile
Duplessis, ein schönes,
geistreiches, von ihm leidenschaftlich geliebtes
Weib.
Desmurgie - Desnoyers

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Seite 4.712.Obwohl Jugendfreund Robespierres, fühlte er sich doch mehr von dem gemütlichern Danton angezogen und stiftete mit diesem den Klub der Cordeliers. Fortan handelte er mit Danton in Gemeinschaft, auch und bei den Septembergreueln. Von der Pariser Gemeinde in den Konvent gewählt, stimmte er für den Tod des Königs. Obgleich der Bergpartei angehörig, zollte er doch den Girondisten volle Achtung, suchte mit Danton auf eine Versöhnung der Parteien hinzuwirken und schlug, als dieser Versuch scheiterte und die Girondisten das Schafott besteigen mußten, die Begründung eines Gnadengerichts vor. In demselben Sinn ¶
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gab er im Januar 1794 seinen »Vieux cordelier« heraus, ein Blatt voll Geist, Witz und beißender Satire, in dem er die Tyrannei
der Schreckensmänner schilderte und zur wahren Freiheit, zur Mäßigung und vernünftigen Handhabung der Gesetze aufforderte.
Hébert, den er besonders angriff, klagte ihn an, die Wiederherstellung des Königtums zu beabsichtigen,
und Robespierre, nachdem er seinen Freund vorher anscheinend verteidigt, trug in voller Versammlung auf die Verbrennung aller
Nummern des »Vieux cordelier« an. Als Desmoulins
trotzdem die Männer des Terrorismus und die Jakobiner nur noch heftiger angriff, ließ
Robespierre Desmoulins
, Danton u. a. verhaften, worauf namentlich Saint-Just, Desmoulins
persönlich verfeindet,
dessen Verurteilung betrieb.
Auf dem Blutgerüst rief er aus, auf die Guillotine deutend: »Dies ist also der Lohn für den ersten Apostel der Freiheit!
Die Ungeheuer, die mein Blut fordern, werden mich nicht lange überleben!« Seine Gattin, die alles aufgeboten, um ihn zu retten,
bestieg, erst 23 Jahre alt, 14 Tage nach ihm das Blutgerüst. Außer einer Menge Pamphlete und Flugblätter
schrieb Desmoulins:
»Discours de la lanterne aux Parisiens« (2. Aufl., Par. 1792);
»Satires du choix des meilleures pièces de vers qui ont précédé et suivi la révolution« (das. 1792);
»Histoire des Brissotins, ou fragments de l'histoire secrète de la révolution et des six premiers mois de la république« (das. 1793, 2. Aufl. 1794).
Seine »Opuscules« erschienen Marseille, [* 6] Straßburg [* 7] und Paris 1790. Eine neue Ausgabe seiner Schriften besorgte Claretie (Par. 1874, 2 Bde.), welcher auch seine Biographie (das. 1875) schrieb.