Die wenigen
Arten sind in den gemäßigten und alpinen Klimaten der nördlichen Erdhälfte,
Südamerikas
und auf den
Maskarenen heimisch. Die gemeine Erdbeere (wilde oder Walderdbeere,
Knickbeere, F. VescaL.) hat oberseits weichhaarige
Blätter, einen bei der Fruchtreife zurückgekrümmten
Kelch, an den
Blütenstielen angedrückte
Haare
[* 2] und findet sich in Wäldern
und Gebüschen fast durch ganz
Europa;
[* 3] in den
Gärten der aromatischen
Früchte halber bisweilen angepflanzt.
Eine
Abart, die Monatserdbeere
(Felsen- und
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Alpenerdbeere, F. semperflorensHayne), blüht vom Mai bis September, trägt sehr wohlschmeckende, große, kugelförmige Früchte,
wird in Gärten kultiviert, liefert wenigstens zwei Ernten. Die Hügelerdbeere (Knackbeere, Bresling, portugiesische Erdbeere, F. collinaEhrh.), mit am Fruchtboden anliegendem Kelch und wagerecht abstehendem Flaum an den Blütenstielen, wächst auf trocknen, sonnigen
Anhöhen, an Rainen in Deutschland
[* 5] und in der Schweiz.
[* 6] Die hochstengelige Erdbeere (große Wald-, Moschus-, Muskateller-,
Zimterdbeere, F. elatiorEhrh.) gleicht der ersten Art, ist aber größer und stärker, hat einen bei der Fruchtreife abstehenden
und leicht zurückgebogenen Kelch, ist an den Blütenstielen wagerecht abstehend behaart, diözisch und findet sich in lichten
Gebirgswäldern, besonders Laubhölzern, Europas.
Die Früchte haben ein eigentümliches, moschusähnliches Aroma. Die virginische Erdbeere (Scharlach-, Himbeererdbeere, F. virginiana
Mill.), mit abstehendem Kelch, angedrückten Haaren an den Blütenstielen und den oberseits kahlen Blättern, stammt aus Virginia
und findet sich hier und da in Deutschland, besonders in Weinbergen, verwildert. Sie trägt reichlich und
früh, die Früchte sind mittelgroß oder klein, mit festem Fleisch, sehr wohlschmeckend. Die großblumige Erdbeere (Ananaserdbeere,
F. grandifloraEhrh., F. AnanasaDuch. ^[richtig: F.AnanassaDuch.]), mit der Frucht angedrücktem Kelch, abstehend behaarten
Blütenstielen und sehr großer, fleischiger, aber etwas wässeriger Frucht, aus Nordamerika
[* 7] stammend, wird in Europa in
zahlreichen Formen kultiviert. Dasselbe gilt von der Chile-Erdbeere(F. chiloënsisEhrh.), mit geschlitztem, dem reifen Fruchtboden
angedrücktem Kelch, die aus Chile
[* 8] stammt, die größten, sehr gewürzigen Früchte trägt, im Winter aber leichten Schutz verlangt.
Die indische Erdbeere(F. indicaAndr.), mit gelben Blüten und süßlicher Frucht ohne Aroma, wird selten gebaut.
Aus diesen Grundformen sind durch die Kultur eine MengeVarietäten und Bastarde entstanden, welche zum Teil große, vortreffliche
Früchte liefern. Sie gedeihen am besten in etwas sandigem, humosem Lehmboden, der eine warme Lage hat. Man rigolt 66 cm tief
und düngt mit halb verrottetem, lockerm Dünger. Im August oder Anfang September oder im zeitigen Frühjahr
werden höchstens ein Jahr alte Pflanzen, womöglich Erstlinge, die sich zunächst der Mutterpflanze an den ersten Knoten der
Ausläufer gebildet haben, gepflanzt, weil diese reichere Erträge liefern.
Sie werden auf besondern Schulbeeten gekräftigt und, nachdem sie gut bewurzelt sind, einzeln, 40-60 cm voneinander, je
nach der Größe der Früchte, in Reihen und Verband
[* 9] auf die Pflanzbeete gebracht. Die Beete bedeckt man zwischen den Pflanzen
vorteilhaft mit alter Lohe, Sägespänen etc. Die sich später bildenden Ranken werden nach der Entwickelung eines jungen Pflänzchens
an dem ersten Knoten 2-3 cm von der Mutterpflanze abgeschnitten. Während des Fruchtansatzes gießt man
mehrmals mit flüssigem Dünger. Im Herbst gibt man eine Oberdüngung durch Stallmist oder künstlichen Dünger, im zweiten
und dritten Jahr werden die Pflanzen angehäufelt, und nach der dritten Ernte
[* 10] beschafft man eine Neupflanzung.
Erdbeeren verdienen viel mehr, als bisher bei uns geschehen, im großen kultiviert zu werden. Die Amerikaner
haben Feldkultur eingeführt und erzielen die lohnendsten Erträge; bei Aberdeen
[* 17] in Schottland wurden schon 1864 etwa 1000 Ztr.
geerntet, und auch bei Staufenberg im Badischen hat man mit großem Vorteil die Kultur im großen aufgenommen und vom Morgen
einen Ertrag von 560 Gulden erzielt. - Walderdbeeren enthalten 12,85 Proz. feste Stoffe, und von diesen
sind 6,75 Proz. im Saft gelöst; der Rest besteht aus 5,48
Cellulose, 0,3 Pektose und 0,3 Salzen.
Von den löslichen Bestandteilen sind 3,9 Proz. Zucker,
[* 18] 1,49 freie Säure, 0,59 eiweißartige Stoffe, 0,097 Pektin und 0,67
Salze. Dagegen enthalten Garten- (Ananas-) Erdbeeren 12,53 Proz. feste Bestandteile, von denen 9,66 im Saft gelöst sind, nämlich
7,57 Zucker, 1,33 freie Säure, 0,36 eiweißartige Stoffe, 0,12 Pektin und 0,48 Salze. Die unlöslichen Bestandteile sind 1,81
Cellulose, 0,90 Pektose und 0,15 Asche. Sollen Erdbeeren eingemacht werden und dabei ihr Aroma behalten,
so dürfen sie nicht erhitzt werden. Man schichtet sie mit reinstem Zuckerpulver, welches bald zu Sirup zerfließt. In solcher
Weise zubereitete Erdbeeren halten sich an einem kalten Ort ziemlich lange; erhitzt man sie in verschlossenen Gläsern in kochendem
Wasser, so werden sie freilich haltbarer, büßen aber auch an Aroma ein.
(Fragaria), eine Gattung der großen Familie der Rosaceen (s. d.),
Abteilung der Potentilleen. Ihr wichtigstes botan. Merkmal besteht in dem fleischig und saftig gewordenen Fruchtboden, in dem
die kleinen Trockenfrüchtchen (Achänen) eingebettet liegen, sodaß die Erdbeere nicht eine Beere im botan.
Sinne, sondern eine Scheinbeere ist. Die Gattung Fragaria ist fast über die ganze Erde verbreitet. Sie umfaßt ausdauernde,
fast stammlose Kräuter mit dreizähligen, gezähnten, bald glatten und glänzenden, bald mattgrünen und mehr oder weniger
behaarten Blättern, aus deren Mitte sich aufrecht gabelteilige oder trugdoldig verästelte Stengel
[* 19] erheben, welche
die bald zwitterigen, bald durch Fehlschlagen eingeschlechtigen Blüten tragen.
Aus den Blattachseln entwickeln sich die Ausläufer, d. h. über den Boden hinlaufende fadenförmig langgliedrige Äste, welche
an den Knoten Wurzeln schlagen und oberseits eine kleine Blattrosette als Anfang einer neuen Pflanze erzeugen. Die Blumen bestehen
aus einem mit einem Hüllkelche verwachsenen fünfteiligen Kelche und einer fünfblätterigen, immer weißen
Blumenkrone. Die Einführung der Erdbeere in die Gärten datiert erst aus dem 16. Jahrh.
Die wissenschaftlich festgestellten Arten der Erdbeere sind:
Erdbeeräther - Erdbeer
* 20 Seite 56.250.
1) Die gemeine Erdbeere (Fragaria vescaL., s. Tafel: Rosifloren II,
[* 20]
Fig. 5), durch ganz Europa, Asien
[* 21] und Amerika
[* 22] verbreitet. IhreFrüchte
sind die kleinsten unter den Erdbeere, aber die besten und würzigsten. Die Blätter sind oben grün, unten weißlich und die Blütenstiele
mit angedrückten Haaren besetzt. Durch die Kultur werden die Früchte doppelt so groß wie die der wildwachsenden Pflanzen.
Eine wahrscheinlich in den Gärten entstandene Form
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Erdbeere
* 23 Seite 56.251.
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derselben ist die Monatserdbeere (Fragaria semperflorens Heyne), fälschlich Alpenerdbeere genannt (s. Tafel: Beerenobst,
[* 23]
Fig.
9). Sie ist die einzige Erdbeere, die den ganzen Sommer blüht und fruchtet.
2) Die Moschuserdbeere (Fragaria elatior Ehrh.).
Sie hat einen viel beschränktem Verbreitungsbezirk als die vorige Art, ist aber in Mitteleuropa ziemlich gemein. Die
Blatt- und Blütenstiele sind, wie auch die Blätter oben und unten, weich behaart. Die Frucht (s. Tafel: Beerenobst,
[* 23]
Fig. 8)
ist ziemlich groß, spitz und stumpfkantig, reich und moschusartig gewürzt. Wildwachsende Pflanzen werden durch Fehlschlagen
des einen oder des andern Geschlechts oft zweihäusig und darum unfruchtbar. In den Gärten jedoch, in
denen eine größere Anzahl von Individuen dieser Art und anderer, stets zwitteriger Art nebeneinander kultiviert zu werden
pflegt, ist die Befruchtung
[* 24] fast immer gesichert und die Moschuserdbeere fruchtbar. Ihre verbreitetste Kulturform ist die Vierlander
Erdbeere.
3) Die Virginische oder Scharlacherdbeere (Fragaria virginiana Ehrh.)
ist in Nordamerika zu Hause und wurde erst in der Mitte des 17. Jahrh.
in Europa eingeführt. Die Blattstiele sind mit abstehenden weichen Haaren besetzt, die Blätter auf der obern Fläche glatt,
die Frucht (s. Tafel: Beerenobst,
[* 23]
Fig. 10) groß und schön. Diese ausgezeichnete Art hat entweder aus dem Wege natürlicher
Wandlung oder infolge einer Kreuzung mit andern Arten, vorzugsweise mit der folgenden, viele Varietäten
hervorgebracht.
4) Die Chile-Erdbeere(Fragaria chilensis Molin.),
eine andere amerik. Art, unterscheidet sich durch die Größe der Blätter und der Blüten, wie auch die Größe der Frucht, welche
bei einigen ihrer Spielarten das Volumen eines mittelgroßen Hühnereies erreicht. Die Blätter und Blattstiele
sind von abstehenden Haaren weißlich-grau. Auch sie wird durch Fehlschlagen oft zweihäusig und darum unfruchtbar, wenn sie
nicht durch in der Nähe stehende Pflanzen der eigenen oder einer andern Art befruchtet wird. Sie wurde 1712 in Europa eingeführt
und zunächst in Frankreich kultiviert.
5) Die großfrüchtige Garten- oder Ananaserdbeere(Fragaria grandiflora Ehrh.
oder ananassa Duch.). Das Herkommen dieser Erdbeere ist
nicht genau bekannt, wahrscheinlich aber ist sie eine botanische oder Gartenform der vorigen. Blätter und Blütenstiele sind
mit weißen abstehenden Haaren besetzt, erstere nur auf der obern Fläche; Kelchblätter aufrecht, die Früchte (s. Tafel: Beerenobst,
[* 23]
Fig. 11) rot oder blaßrot, von Ananasgeschmack.
AndereArten sind für die Gartenkultur bedeutungslos, z. B. der in Mitteleuropa gemeine Bresling(Fragaria collina Ehrh.),
welcher in der Hauptsache durch den derFrucht eng sich anschließenden Kelch charakterisiert ist.
Von den unter 3, 4 und 5 beschriebenen Arten stammen alle großfrüchtigen Spielarten (Sorten) der Gärten ab.
Diese zählen nach Hunderten. So lange man aber nicht alle Sorten unter gleichen lokalen Verhältnissen kultiviert und jahrelang
beobachtet hat, wird es immer schwer sein, die anbauwürdigsten unter ihnen herauszufinden. Als feststehend muß betrachtet
werden, daß Varietäten, welche unsern veränderlichen Winter nicht ohne Schaden überstehen, oder deren Blüten oft unfruchtbar
bleiben, oder deren Blätter vor oder nach der Frucht verdorren, aus den Gärten verbannt werden müssen. Ebensowenig für
die Kultur
sind diejenigen geeignet, welche nicht reichlich Frucht tragen, oder welche ihre Früchte auf einmal und nicht in
angemessener Folge zur Reife bringen, oder die auf Kosten des Ertrags übermäßig viele Ausläufer erzeugen,
oder deren Frucht kein volles, festes Fleisch besitzt.
Die Erdbeerzucht und auch die Treiberei derselben bildet einen lohnenden gärtnerischen Kulturzweig. Die Erdbeere werden durch Ausläufer
vermehrt, durch Samen
[* 25] nur dann, wenn man neue Sorten oder von Monatserdbeeren dankbarerer tragende, weniger Ausläufer bildende
Pflanzen erziehen will. Zur Anlage von Erdbeerbeeten wählt man von den an den Ausläufern entstandenen
jungen Pflanzen nur die stärksten, den Mutterstöcken am nächsten stehenden. Auch sollte man sie nur von einjährigen Stöcken
wählen.
Die beste Zeit zur Anlage einer Pflanzung ist der MonatAugust, da sie dann schon im nächsten Jahre ertragsfähig ist. Die
Erdbeere erfordert einen tiefgründigen, frischen (nicht feuchten), nahrhaften Boden und eine zwar freie, aber
weder rauhe, noch der Mittagssonne ausgesetzte Lage. Das Gedeihen der Pflanzung wird durch Überspritzen der Beete abends bei
trockner Witterung, durch mehrmalige Lockerung des Bodens, Unterdrückung des Unkrauts und dadurch, daß man die Entwicklung
von Ausläufern in den nötigen Schranken hält, gefördert.
Letztere werden von August bis November mit der Schere
[* 26] abgeschnitten, nicht abgerissen, bei welcher Gelegenheit man auch die
alten Fruchtstengel und die zu unterst am Stocke stehenden alten, lebensschwachen Blätter wegnimmt. Im Frühjahr sollte man
keine Ausläufer (Ranken) schneiden wollen, da sie in dieser Zeit nur sparsam auftreten und weder den
Stock noch die Blüten- und Fruchtbildung benachteiligen, andererseits auch bis zum August die kräftigsten jungen Pflanzen liefern.
Nach dem Schneiden muß das Erdreich nicht nur behackt, sondern auch mit gut verrottetem Rindermist oder mit der aus Mistbeeten
ausgeworfenen Erde gedeckt werden, nicht nur um den Boden frisch zu erhalten, sondern auch um ihn gegen
tief eindringenden Frost zu schützen. Das Deckmaterial aber wird in der zweiten Hälfte des März wieder abgeräumt und
wenn möglich durch etwas guten Kompost ersetzt. Bei trockner Witterung ist fleißig zu gießen, während der Blütezeit nur
mit dem Rohr und stets nur am Fuß der Pflanze, um nicht die Befruchtung zu verhindern.
Um die Früchte gegen die Berührung mit dem etwa aufgeweichten Boden zu sichern, stützt man die Pflanzen durch kleine Drahtgestelle,
sog. Erdbeerhalter, oder bedeckt den Boden rings um den Stock mit Flachsschäben, Kiefernnadeln oder Lohe. Gegen die Nacktschnecken,
welche die Früchte anfressen und mit ihrem Schleim beschmutzen, muß man mit allen Mitteln einschreiten. Länger als 4 Jahre
sollte man keine Pflanzung erhalten wollen, da die Stöcke nach dieser Zeit immer weniger leisten und die Früchte an Größe
und Güte verlieren. Wer sich eine immer reiche Ernte an guten Früchten sichern will, muß neue Beete
anlegen, solange die alten noch in vollem Ertrage stehen.
Von den zahlreichen deutschen Sorten sind besonders ertragreich: frühreifende: Teutonia, Saronia, Deutsche Kronprinzessin,
Helvetia;
mittelfrühe: König Albert von Sachsen,
[* 27] eine der allerbesten Sorten, Austria, Otto Lämmerhirt und Professor Dr. Liebig;