Titel
Koniferen
[* 3] (Zapfenbäume, Zapfenträger, Nadelhölzer, [* 4] Coniferae, Acerosae), Ordnung der Gymnospermen, Sträucher und Bäume mit gegen- oder wechselständigen, einfachen, ungeteilten, bald höckerförmig kleinschuppigen, bald nadelartig langen und schmalen, bald mehr blattartigen und auch dann meist linealischen, seltener breitern, meist immergrünen Blättern (sogen. Nadeln) [* 5] ohne Nebenblätter, meist mit stark entwickeltem, herablaufendem Blattkissen.
Manche haben keinen Wechsel von Laub- und Niederblättern, sie besitzen nackte Knospen; [* 6] andre dagegen erzeugen am Schluß jeder Vegetationsperiode wirkliche Knospenschuppen von nicht grüner, sondern trockner, häutiger Beschaffenheit, welche die Knospen bedecken. Bei einigen sitzen die Nadeln nicht unmittelbar am Zweig, sondern dieser ist mit lauter nicht grünen, schuppigen Niederblättern besetzt, in deren Achseln kurze Zweiglein stehen, welche am Grund von häutigen Schuppen umgeben sind, an ihrer Spitze sich nicht weiterbilden, sondern zwei oder mehrere auf gleicher Höhe büschelig stehende Nadeln tragen.
Viele Koniferen
haben eine ununterbrochen fortwachsende Hauptachse; sie bilden einen gerade aufrechten, nach der
Spitze zu dünner
werdenden
Stamm, von welchem die
Äste meist sehr schief oder wagerecht abgehen und dann häufig quirlständig in
Absätzen
übereinander stehen. Es bilden sich nämlich jedes Jahr unterhalb der Endknospe Seitenknospen, die nahezu
auf gleicher
Höhe stehen und im nächsten Jahr zu
Ästen auswachsen, so daß sich aus der Zahl
der Astquirle das
Alter einer
Stammstelle bestimmen läßt, wie z. B. bei
Tannen,
Fichten und
Kiefern.
Bei manchen
Arten ist aber dieser eigentümliche regelmäßige Wuchs minder ausgeprägt. Der
Stamm der
Koniferen
besitzt anfangs immer einen
Kreis
[* 7] von
Fibrovasalsträngen, welche als
Blattspuren meist einzeln in je ein
Blatt
[* 8] austreten.
Sie verbinden sich im
Stamm durch einen geschlossenen Kambiumring, welcher das dauernde Dickewachstum, wie bei den dikotylen
Bäumen, vermittelt. Der Holzkörper, der hierdurch erzeugt wird, besteht aber nur in der Markscheide
aus engen
Spiralgefäßen, im übrigen lediglich aus einander gleichen
Zellen
(Tracheiden), welche auf den gegen die
Markstrahlen
gekehrten
Wänden große, behöfte Tüpfel zeigen; außerdem findet sich bisweilen
Holzparenchym, dessen
Zellen den gleichen
Durchmesser wie die
Holzzellen haben.
Schmale
Markstrahlen durchziehen den Holzkörper in radialer
Richtung; die
Jahresringe sind scharf abgegrenzt.
Die
Gefäße aber fehlen, und so erscheint das Nadelholz auf dem
Querschnitt homogen, während alles Laubholz entweder schon
dem bloßen oder dem mit der
Lupe
[* 9] bewaffneten
Auge
[* 10] in seiner
Masse größere
Poren erkennen läßt, die von den weiten
Gefäßen,
die es besitzt, herrühren. Sehr verbreitet unter den Koniferen
sind öl- und harzführende Intercellularkanäle,
welche sich bald in der
Rinde und im
Parenchym der
Blätter, bald im
Bast,
[* 11] bald auch im
Holz
[* 12] finden; massenhafte Harzproduktion,
die bei den Koniferen
auch häufig vorkommt, hat aber ihren
Grund in einer krankhaften
Desorganisation ganzer
Gewebe,
[* 13] zumal im
Holz
und
Bast, wobei die festen
Bestandteile derselben verschwinden und
Harz an ihre
Stelle tritt, welches dann
auch oft an der Oberfläche der
Stämme zum Erguß kommt.
Die Blüten setzen sich aus einer meist großen Anzahl gleichartiger Blattorgane zusammen, welche in der Regel in spiraliger Anordnung auf einer Achse befestigt sind. Es gibt nämlich allgemein diklinische Blüten und zwar meistens einhäusige, bei mehreren Arten aber auch zweihäusige. Die männlichen Blüten treten als besondere Knospen in den Achseln der Blätter auf, sie haben am Grund mehrere Knospenschuppen, und auf diese folgen unmittelbar in mehr oder minder großer Anzahl und in dichter Stellung Blätter, die sämtlich als Staubgefäße [* 14] ausgebildet sind, ein kleines Köpfchen, Ährchen [* 15] oder Träubchen nachahmend.
Form der Staubgefäße und Anzahl ihrer Antherenfächer ist nach den Familien und Gattungen verschieden. Die weiblichen Blüten sind ebenfalls besondere Seitenknospen und stellen meistens einen Zapfen [* 16] (conus) dar. Dieser besteht aus flachen, schuppenartigen Blättern, den sogen. Fruchtschuppen (squamae), welche an einer Achse in dichter, spiraliger Anordnung stehen, jede in der Regel von einem Deckblättchen (bractea) am Grund gestützt. Auf diesen Fruchtschuppen sitzen unmittelbar die Samenknospen, und zwar nehmen dieselben den Grund derselben ein, so daß entweder dort eine größere Anzahl oder nur je eine rechts und links vorhanden sind.
Die Samenknospen sind gerade und haben ein einfaches Integument; über die Eigentümlichkeiten ihres innern Baues und ihrer Befruchtung [* 17] vgl. Gymnospermen. Seine volle Ausbildung erreicht der Zapfen gegen die Zeit der Samenreife. Achse und Fruchtschuppen vergrößern sich beträchtlich und werden holzig, seltener beerenartig weich; im letztern Fall bildet der reife Zapfen einen beerenähnlichen Körper. Der reife Same besitzt eine holzige Schale, die oft einen langen, hautartigen Flügel trägt, und enthält ein mit fettem Öl erfülltes ¶
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Endosperm, in dessen Achse der gerade Keimling mit zwei oder mehreren quirlständigen Kotyledonen und nach oben gekehrtem Würzelchen
liegt. Die Koniferen
zerfallen in folgende Familien:
1) Die Eibengewächse (Taxineae,
[* 3]
Fig. 1) haben wechselständige, bisweilen in zwei Zeilen gewendete, meist mehr oder weniger
nadelartige, bisweilen auch blattartige Blätter oder auch Zweige, die mit ihren Blättern zu fiederförmigen
Phyllodien verschmolzen sind, werden aber hauptsächlich charakterisiert durch die weibliche Blüte,
[* 19] welche, abweichend von
allen übrigen Koniferen
, keinen Zapfen bildet, sondern eine einzige Samenknospe darstellt, welche auf der Spitze eines kleinen Stiels
steht, der, am Grund von Knospenschuppen umgeben, als Seitenknospe in der Achsel eines grünen Blattes erscheint.
Während die Samenknospe zum Samen [* 20] sich ausbildet, wird sie umwachsen von einer becherartigen Wucherung des Stiels, die sich von ihrem Grund aus erhebt und später eine oben offene, saftig beerenartige, gefärbte Hülle um den Samen bildet. Die in kleine Kätzchen vereinigten Staubgefäße sind entweder fast sitzende Schuppen mit zwei Antherenfächern und verschieden gestaltetem Konnektivfortsatz oder schildförmig gestielte Schüppchen mit 3-8 Antherenfächern auf der Unterseite. Die Taxineen sind in den gemäßigten Zonen und in den höhern Regionen der wärmern Zonen beider Halbkugeln einheimisch. Europa [* 21] besitzt nur die Eibe (Taxus baccata L.).
2) Die cypressenartigen Gewächse (Cupressineae) haben gegen- oder quirlständige, meist kleine, kurz nadelförmige oder schuppen- oder höckerförmige, seltener wechselständige, nadelartige Blätter. Die Staubgefäße, welche kleine, runde Kätzchen bilden, sind schildförmig gestielte Schuppen, die auf der Unterseite am untern Rand zwei bis zahlreiche Antherenfächer tragen. Die Samenknospen sitzen auf Fruchtschuppen, welche, meist quirlständig geordnet, einen kurzen Zapfen bilden, und zwar am Grund jeder Schuppe zu zwei bis vielen, mit dem Knospenmund der Spitze der Fruchtschuppe zugekehrt. Der Zapfen wird holzig oder auch beerenartig; die Schuppen öffnen sich zur Reifezeit, um die Samen auszustreuen. Letztere enthalten einen geraden Keimling mit zwei oder mehreren Kotyledonen. Die Kupressineen kommen in den gemäßigten Zonen des mittlern und südlichen Europa, Südasiens, Nordamerikas, Neuhollands und am Kap der Guten Hoffnung vor. Besonders nennenswert sind die Cypresse, der Lebensbaum, der Wacholder und der Sadebaum.
3) Die fichtenartigen Gewächse (Abietineae) sind meistens hohe, ansehnliche Bäume mit wechselständigen, oft in zwei Zeilen gelegten Nadeln von linealisch flacher oder auch prismatischer Gestalt oder mit Nadelbüscheln. Die männlichen Kätzchen haben meist längliche Gestalt, indem sie aus zahlreichen spiralig angeordneten Staubgefäßen bestehen; diese sind kurz gestielt, schuppenförmig, haben meist zwei mit Längs-, seltener mit Querspalten aufgehende, bisweilen auch mehrere Antherenfächer und sind an der Spitze in einen geraden oder zurückgebogenen Konnektivfortsatz verlängert.
Die weiblichen Blüten bilden Zapfen aus zahlreichen spiralig angeordneten, hinter besondern Deckblättern stehenden Fruchtschuppen
mit meist zwei am Grunde der letztern sitzenden Samenknospen, die jedoch mit dem Knospenmund grundwärts gekehrt sind. Die
Schuppen des Fruchtzapfens sind holzig, bald glatt, bald an der Spitze in verschiedenem Grad verdickt und
genabelt und spreizen zur Reifezeit auseinander oder fallen ab und entlassen auf diese Weise die meist geflügelten Samen,
deren gerader Keimling meist drei bis zahlreiche linealische Kotyledonen hat
[* 3]
(Fig. 2). Die wichtigste Gattung dieser Familie
ist Pinus L., welche auf der südlichen Halbkugel durch Araucaria Juss. vertreten wird. Die früher zu den
Koniferen
gestellten Gnetaceen (Gnetaceae) werden gegenwärtig als besondere Familie betrachtet (s. Gnetaceen).
Die Koniferen
machen einen Hauptbestandteil der fossilen Flora aus, von der Steinkohlenformation an bis in die jüngsten Schichten.
Man findet am häufigsten und in großen Massen das Holz in mehr oder minder umgewandeltem Zustand, aber
noch durch die oben angegebenen Merkmale erkennbar. Außerdem kommen auch versteinerte ganze Stämme sowie beblätterte Zweige
und Zapfen im fossilen Zustand vor. Der Bernstein
[* 22] ist das ausgeflossene erhärtete Harz vorweltlicher Koniferen.
Aus der Familie der
Taxineen sind als fossile Gattungen bemerkenswert: Taxoxylon Unger, von welchem Stämme in der Braunkohle und
andern Tertiärschichten gefunden werden. Von Taxus L. und Taxites Brongn. finden sich Blätter in der Braunkohle. Die jetzt exotischen
Gattungen Taxodium, Salisburia und Podocarpus kommen in mehreren Arten in unsern Tertiärschichten vor. Fossile Kupressineen sind
die Gattungen: Cupressites Göpp., welche in Form von Zweigen, Zapfen und männlichen Kätzchen in sekundären
und tertiären Ablagerungen vorkommt;
Thuyites Bgt. von welcher Zweige von sekundären Schichten an sowie im
[* 3] ^[Abb.: Fig. 1. Eibe. A männliche Blüte, B Staubgefäß, C weibliche Blüte. b Nadel, s Knospenschuppe, sk Samenknospe.]
[* 3] ^[Abb.: Fig. 2. Edeltanne. A Deckblatt, B Stück des reifen Zapfens, C reife, samentragende Schuppe. c Deckblatt, s Schuppe, sk Samenknospe, sa Same, f Anhang desselben.] ¶
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Bernstein eingeschlossen und wohlerhalten gefunden werden, und Cupressoxylon Kraus, deren Stämme in der Kreide
[* 24] anzutreffen sind.
Die Familie der Abietineen ist vertreten durch Abies Tourn., Pinus Lk., Larix Lk., Cedrus Lk., Abietites Dunk. und Pinites Lindl. et Hutt.,
welche in zahlreichen Arten in Überresten, zumal in oft wohlerhaltenen und manchmal sehr umfangreichen
Stämmen, minder häufig in Blättern und Zapfen in den tertiären, zum Teil auch schon in sekundären Schichten vorkommen;
Araucarites Sternb., in Form von Blättern und Zapfen, in der Kreide und in Tertiärschichten vorkommend; auch schon in Steinkohlenschichten
finden sich Koniferen
stämme mit dem Bau von Araukarien (Araucarioxylon Kraus).
Die Gattungen Walchia Sternb. und Voltzia Brongn. (s. Tafel »Triasformation [* 25] II«) [* 26] treten bereits in der Dyasformation auf. Zu den Gnetaceen endlich gehört die fossile Gattung Ephedrites Göpp., von welcher sich Reste im Bernstein eingeschlossen finden.
Vgl. Endlicher, Synopsis coniferarum (St. Gallen 1847);
Henkel und Hochstetter, Synopsis der Nadelhölzer (Stuttg. 1865);
Parlatore, Coniferae (in De Candolles »Prodromus«, Bd. 16);
Strasburger, Die Koniferen
und die Gnetaceen (Jena
[* 27] 1872);
Gordon, Pinetum, a synopsis of all the coniferous plants (neue Ausg., Lond. 1879).